Für jeden Cello-Virtuosen gehören sie zum Allerheiligsten: Bachs sechs Suiten für Cello. Sie sind enorm schwierig zu spielen, doch zugleich voller Geist und mitteleuropäischer Musiktradition.
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Starke Stücke
Bach - Cello-Suite Nr. 3
Über Bachs sechs Suiten für Cello weiß man kaum etwas. Bach hat sie in einer unbeschwerten Zeit seines Lebens komponiert, als Kapellmeister am Köthener Hof. Aber während man von den ebenfalls in Köthen entstandenen sechs Partiten und Sonaten für Sologeige wenigstens das Entstehungsjahr 1720 kennt, steht hinter den Cello-Werken nur immer "um 1720".
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Ein Autograph fehlt. Von den vier existierenden Abschriften aus dem 18. Jahrhundert stammt die meistbenutzte von der Hand Anna-Magdalenas, der zweiten Frau Bachs. Weil sie kein Streichinstrument spielte, hat man lange behauptet, die Vortragsanweisungen in ihrer Abschrift seien unzuverlässig.
Spätestens seit der Spanier Pablo Casals die Cello-Suiten vor 70 Jahren der Vergessenheit entriss, grübeln und streiten die Cellisten darüber, wie Bach die Bögen und Punkte über den Noten gemeint haben könnte, welche Fingersätze und Tempi ihm vorgeschwebten. Es gibt so viele Meinungen wie es Cellisten gibt.
Der große Reiz der Cello-Suiten liegt in ihrer Kargheit. Mit minimalen Mitteln - vier Saiten, vier Fingern - hat Bach ein Meisterwerk geschaffen, komplett mit Harmonie und Kontrapunkt bis hin zu mehrstimmigen Fugen. Allerdings, der Hörer muss mitarbeiten; viele Synkopen und Dissonanzen sind zwar mitkomponiert, aber unhörbar, die Imagination muss sie ergänzen. Das macht die Suiten schwer zu hören - und zugleich extrem anregend.
Johann Sebastian Bach: Suite für Violoncello solo Nr. 3 C-Dur, BWV 1009
Gavriel Lipkind, Violoncello
Label: Edel Classics
Sendung: "Das starke Stück" am 27. Dezember 2022, 19:05 Uhr auf BR-KLASSIK