In den 1790er-Jahren komponierte Ludwig van Beethoven seine drei Streichtrios gewissermaßen als Vorübung für sein späteres Quartett-Schaffen. Als Vorbild galt ihm Mozarts Divertimento KV 563 aus dem Jahr 1788. Während Beethoven in den Trios op. 9 Nr. 1 und 2 heitere Dur-Tonarten wählte, komponierte er das Dritte Trio in c-Moll. Das profunde Stück ist schon fast wie ein Quartett für drei Spieler komponiert.
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Schon in seinen beiden ersten Streichtrios aus Opus 9 wendet sich Ludwig van Beethoven völlig ab vom unterhaltenden Charakter dieses Genres. In den zuvor komponierten Trios op. 3 und op. 8 hört man diese Leichtigkeit noch sehr deutlich.
In seinem dritten Streichquartett in c-Moll aus Opus 9 zeigt Beethoven geradezu symphonische Dimensionen, findet der Cellist Daniel Müller-Schott: "Das ist ein ganz besonderes Werk. Da gibt es wirklich Abgründe, die er da erkundet. Und ich finde, er sprengt darin quasi die Form des Genres Kammermusik, wie man es vorher kannte." Gleich im Eröffnungssatz findet sich die für Beethoven typische abrupte Kontrastdynamik. "Da zeigt sich auch Beethovens Charakter", sagt Müller-Schott. "Er wird ja als sehr eruptiv beschrieben, und diese Ausbrüche setzt er in seinen Noten wirklich eins zu eins um. Diese großen Kontraste sind einfach absolut einmalig."
Im Streichtrio ist alles völlig ungeschützt.
Gegenüber der Streichquartett-Besetzung treten die Stimmen im Streichtrio wesentlich solistischer auf. Das macht die Besetzung empfindlicher, in Hinblick auf die Balance des Ensemble-Klangs. Eine Herausforderung, die von den Musikern sowohl großes solistisches Können als auch große kammermusikalische Erfahrung erfordert. "Man kann sich im Streichtrio nicht verstecken", erklärt Daniel Müller-Schott. "Im Trio ist alles völlig ungeschützt."
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Auffällig ist in diesem c-Moll-Trio, dass Beethoven schon den späteren Quartettklang vorausnimmt. Der Beginn des langsamen Satzes wird zwar zu dritt gespielt, weil die Bratschenstimme aber in Doppelgriffen notiert ist, klingt es so, als spielten hier vier Musiker. "Es ist quasi eine Illusion, und ich glaube, das hatte Beethoven hier auch im Kopf", staunt Daniel Müller-Schott über diese Musik. "Das ist eigentlich eine Vergrößerung der Form, und dadurch, dass es von einem Instrument übernommen wird, welches dann die Akkorde spielt, ist es natürlich nochmal besonders heikel."
Daniel Müller-Schott | Bildquelle: © Uwe Arens Bei aller Raffinesse der Satztechnik, spricht aber vor allem eine schlichte Sanflichkeit in den Themen des jungen Komponisten. Oder wie es Daniel Müller-Schott ausdrückt: "Was mich an diesem langsamen Satz so fasziniert, ist diese fast schon kindliche Natürlichkeit, die Beethoven auch haben kann in seinen lyrischen Themen. Und in der Durchführung geht es zurück zu c-Moll, und dann wird es wieder so abgründig – ein riesiger Kontrast. Aber umso mehr kommt diese Unschuld, die er ebenfalls in seiner Musik ausdrückt, zur Geltung – weil die Extreme und die Abgründe sich so unmittelbar gegenüberstehen."
Das sind Ausbrüche, die kannte man vorher nicht!
Auch im dritten Satz des Trios weicht Beethoven von seinen Vorbildern Haydn und Mozart ab. Es ist zwar ein Tanzsatz, wie an dritter Stelle üblich, aber auch dieses Scherzo offenbart Beethovens Eigenheit einer pointierten Dynamik und Rhythmik. "Da werden mit Synkopen und mit rhythmischen Verschiebungen ständig Reibungen erzeugt", erklärt Müller-Schott. "Also das sind schon Ausbrüche, die kannte man vorher nicht!"
Das Finale wirkt in seiner Motivik wie ein Vorgänger des letzten Satzes von Beethovens Streichquartett op. 18 Nr. 1. Ein filigranes Legato-Motiv, das im Presto daherkommt und leichtfüßig anmutet. Für Daniel Müller Schott ist dies ein Satz, der zum rasanten Spiel verleitet. Trotzdem erfordert der Satz auch wiederholt die Drosselung des Tempos: "Das sind richtige Stürme, die da ausbrechen –w und das in einem unglaublich stürmischen Tempo. Und in der Mitte kommt dann dieser schöne Moment, wenn Geige und Cello zusammenfinden und dadurch etwas ganz Tiefes und Feierliches aufgelöst wird."
Ludwig van Beethoven:
Streichtrio c-Moll, op. 9 Nr. 3
Julia Fischer (Violine)
Nils Mönkemeyer (Viola)
Daniel Müller-Schott (Violoncello)
Mitschnitt vom 18.11.2018 im Herkulessaal
Sendung: "Das starke Stück" am 26. Februar 2019, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK