Als der 20jährige Johannes Brahms 1853 das erste Mal dem Ehepaar Schumann vorspielte, waren sie begeistert. "Das ist ein Berufener!" schrieb Robert Schumann über seine neue Entdeckung in dem Aufsatz "Neue Bahnen".
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Das starke Stück
Johannes Brahms - Variationen über ein eigenes Thema
In den Jahren 1853 bis 1863 komponierte Brahms sechs Zyklen von Variationen. Berühmt und beliebt sind vor allem die Variationen über ein Thema von Händel und Variationen über ein Thema von Paganini. Alle anderen werden nur selten aufgeführt. Dabei verstecken sich unter den anderen zu Unrecht vernachlässigten Zyklen von Brahms echte Juwelen. So wie die Variationen über ein eigenes Thema op.21/1 in D-Dur.
"Ich mache manchmal Betrachtungen über die Variationenform und finde, sie müsse strenger, reiner gehalten werden. Die Alten behielten durchweg den Bass des Themas streng bei. Wir, die Neueren, wühlen mehr über das Thema. Wir behalten oft die Melodie ängstlich bei, aber behandeln sie nicht frei, schaffen eigentlich nichts Neues daraus, sondern beladen sie nur." (Johannes Brahms)
Brahms forderte, dass es neben Schumanns "Phantasievariationen" ein weiteres Genre der Variationen geben solle. Gehalten in der strengen Tradition der alten Barock-Meister. Das bewies Brahms in seinen Variationen über ein eigenes Thema.
Er komponierte den ganzen Zyklus in der Tonart D-Dur mit kurzen Ausflügen nach d-moll, ohne einen Wechsel in der Bassstimme. Variiert werden nur Melodien und Rhythmen, aber ohne große Verpackungen und Kunststücke. Gewidmet hat Brahms die Variationen "Meiner besten Freundin". Es ist anzunehmen, dass damit Clara Schumann gemeint war. Der Ausgangspunkt, das eigene Thema, ist in einem verhalten hymnischen Tonfall gehalten, und Brahms Freund Joachim bezeichnete dies als "keusche Zärtlichkeit".
Obwohl durchaus "symphonisch" komponiert, sind Brahms Variationen op. 21 insgesamt sehr meditativ und lyrisch. Im Thema vermischte Brahms einen Choral mit einem lyrischen Lied und konnte aus diesem vielschichtigem Fundus in 11 Varianten immer wieder neu schöpfen.
In den ersten zwei Variationen arbeitete Brahms mit Sechzehntelfigurationen und Arpeggien, in den zwei weiteren mit rhythmisch-kunstvollen Synkopen und Aufspaltung in kleinere Figuren. Die fünfte Variation steht ganz im Zeichen von Bachs Goldberg-Variationen. Hier ist Brahms der strenge Kontrapunktiker. Die obere Melodie wird von der Mittestimme zwei Takte später spiegelverkehrt wiederholt.
Die beiden Moll-Variationen Nr. 8 und Nr. 9 stehen in deutlichem Kontrast zu den Vorherigen. Aufgeregt und leidenschaftlich, mit packenden Wechseln aus dumpfem Trommelwirbel und Staccatoakkorden, zeigt sich hier Brahms als wilder Romantiker, bis schließlich in der letzten Variation wieder Ruhe einkehrt.
Johannes Brahms : Variationen über ein eigenes Thema op.21/1 D-Dur
Konstantin Lifschitz, Klavier
CD: London Debut Recital Live
Lable: Wea/Denon