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Frédéric Chopin Mazurken op. 59

Hört man den Namen Frédéric Chopin, dann denkt man zuerst an halsbrecherische Passagen auf dem Klavier, an virtuos sprühende Konzertexamen und Klavierwettbewerbe. Aber es gibt auch den anderen Chopin: den Chopin der polnischen Dorfmusik, den Chopin der Mazurka.

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Das starke Stück

Chopins Mazurken op. 59

Genau diesen Chopin sucht der Pianist Ingolf Wunder, Jahrgang 1985 und Preisträger des berühmten Warschauer Chopin-Wettbewerbs. Der polnische Komponist ist sein Steckenpferd und prägt Wunders junge Pianistenlaufbahn wie kein anderer Komponist.

"Chopin ist oder war in den letzten Jahren sicher der wichtigste Komponist für mich und wird in meinem ganzen Leben sicher an den ersten Plätzen in meiner internen Liste sein, also er wird immer einen großen Platz in meinem Herz haben. Ich werde natürlich kein reiner Chopinist bleiben, obwohl ich mich auch irgendwie als Chopin-Interpret sehe nach dem Wettbewerb und mit der intensiven Arbeit, aber er bedeutet mir sehr viel." (Ingolf Wunder)

Ingolf Wunder | Bildquelle: Ingo Pertramer Der österreichische Pianist Ingolf Wunder (geboren 1985) | Bildquelle: Ingo Pertramer Wenn Pianisten auf den wichtigen Konzertbühnen der Welt Kompositionen von Frédéric Chopin spielen, dann beschränken sie sich meist auf die effektvollen Virtuosenstücke. In den Mazurken aber findet sich Chopins in Polen wurzelndes Gefühlsleben widergespiegelt wie in keiner anderen musikalischen Form.
Seit seiner Kindheit liebt Chopin die Musik der in der Nähe seiner Heimatstadt Warschau angesiedelten Dörfer. Mit 14 Jahren macht er Urlaub auf dem Land. Dort tanzt man am liebsten die Mazurka. Hinter diesem Ende des 18. Jahrhunderts aufkommenen Begriff verbergen sich jedoch gleich drei polnische Modetänze: erstens der rasante Oberek, zweitens der kantige Mazur und drittens der lyrische Kujawiak. Alle drei Tänze schwingen im Dreiertakt wie der Walzer, haben eine starke Betonung auf dem zweiten oder dem dritten Schlag und einen ähnlichen formalen Aufbau.

Mazurka lebenslänglich

Die Mazurken, die Robert Schumann einst als "Kleinkunst" bezeichnete, sind alles andere als ein Nebenwerk Chopins: Sie durchziehen seine gesamte musikalische Laufbahn. 57 solcher Miniaturen komponiert er in seinem kurzen Leben – und noch auf dem Sterbebett feilt er an einer Mazurka, bevor er mit 39 Jahren in Paris verstirbt. So sparsam und schlicht Chopins seine Mazurken hält, so vielgestaltig sind sie auch.
"Man hat die unterschiedlichen Gefühle und unterschiedlichen Reize dieser kleinen Stücke. Es macht was besonderes, wenn man zum Beispiel vier Mazurken in einem Opus hat und jedes kleine Drei-, Vierminuten-Stück hat einen total anderen Charakter, aber doch irgendwie passen die zusammen, weil er hat sie ja nicht ohne Grund in ein Opus gesetzt, und dieses Hin und Her hat man einfach bei einer großen Sonate nicht, und das macht es sehr reizvoll." (Ingolf Wunder)

Die drei Mazurken, die unter Opus 59 zusammengefasst sind, erscheinen 1845. Zu dieser Zeit kämpft Chopin schon mit seiner Krankheit, der er vier Jahre später erliegt. Das wirkt sich auch auf seine Kompositionen aus: Weniger agil und dynamisch sind seine späten Mazurken, sondern vielmehr gesetzt und in sich gekehrt.

Fern der Heimat

Mit 21 Jahren kommt Chopin nach Paris. Dort lebt er sich schnell ein. Man verehrt ihn als Genie und er bewegt sich in den vornehmsten Kreisen. Seine Wurzeln aber vergisst Chopin nie. Die Mazurken geben ihm Bodenhaftung und Halt.

Die Mazurken sind die Spielwiese, auf der Chopin sich auch im fernen Paris an seine Kindheit erinnert, an die Ferien in der polnischen Provinz. Sie bergen ein ganzes Kaleidoskop an Emotionen, wie auf Polaroids schimmert in ihnen momenthaft das Leben des Komponisten auf. Nirgendwo ist Chopin kühner und erfindungsreicher als hier. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht immer sichtbar ist, wie Robert Schumann angesichts der politischen Situation um den Zaren Nikolaus I. betont:
"Denn wüsste der gewaltige, selbstherrschende Monarch im Norden, wie in Chopins Werken, in den einfachen Weisen seiner Mazurkas, ihm ein gefährlicher Feind droht, er würde die Musik verbieten. Chopins Werke sind unter Blumen eingesenkte Kanonen." (Robert Schumann)

Musik-Info

Frédéric Chopin: Mazurken op. 59

Ingolf Wunder, Klavier
Label: ORF

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