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Franz Liszt Grandes Etudes de Paganini

Franz Liszt war so begeistert vom hohen Schwierigkeitsgrad der Paganini-Capricen für Geige, dass er einige davon für das Klavier umschrieb. Der Pianist Marc-André Hamelin stellt die Starken Stücke vor.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

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"Auch wer die Musik von Liszt nicht mag, muss wenigstens anerkennen, wie einzigartig er war. Er ist einer der originärsten Musiker, die je gelebt haben", sagt Marc-André Hamelin. Franz Liszt – der Einzigartige. Seine unverwechselbare Handschrift prägt auch die sechs "Grandes Études de Paganini". Sie sind eher wenig bekannt, ein ganz besonderes Kleinod für "Genießer am Klavier" wie den Pianisten Hamelin: "Diamanten sind etwas sehr, sehr schönes, aber ein Stück Schokoladentorte ab und zu ist auch nicht schlecht. (lacht) Und diese Stücke sind mehr als nur Vehikel für den Virtuosen. Die Originalmusik von Paganini finde ich nicht so toll, aber das was Liszt daraus gemacht hat, ist schon großartig. Es ist Schokoladentorte, aber eine sehr, sehr reichhaltige und raffinierte, die mit viel Sorgfalt und Liebe kreiert wurde."

Diamanten sind etwas sehr, sehr schönes, aber ein Stück Schokoladentorte ab und zu ist auch nicht schlecht.
Marc-André Hamelin über Liszts 'Grandes Etudes'

Dokument einer Schaffenskrise

Für diese Etüden übernahm Liszt Paganinis musikalische Ideen. Aber noch mehr als das: Was Paganini in seinen 24 Capricen für Violine Solo op. 1 auf der Geige vollbrachte – virtuose, technische Meisterleistungen – wollte er auf dem Klavier erreichen. Im Jahr 1831 hatte Liszt den italienischen Geiger im Konzert gehört. Er selbst steckte damals in einer schweren Schaffenskrise. Und beschloss sofort, selbst ein "Paganini auf dem Klavier" zu werden. Einige Jahre darauf entstanden die Paganini-Etüden. Sie stellten die zeitgenössischen Pianisten zunächst vor unlösbare Probleme, wie Hamelin aufzeigt: "Die erste Fassung enthält absolut haarsträubende Schwierigkeiten. Nr. 6 ist praktisch unspielbar. Ich denke, Liszt ist da zu weit gegangen. Viele erstklassige Geiger spielen die Paganini-Capricen sehr gut. Aber die erste Version von Liszts Etüden ist nur wenigen Pianisten zugänglich. Ich würde es noch nicht einmal probieren, denn musikalisch sind sie nicht sehr ergiebig. Man ist nur damit beschäftigt, sie technisch zu bewältigen, die Musik kommt dabei nicht zur Geltung. Die spätere Fassung ist sinnvoller, auch wenn sie immer noch sehr schwer ist."

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Elegante Bearbeitung

Pianist Marc-André Hamelin | Bildquelle: © Canetty Clarke Der Pianist Marc-André Hamelin | Bildquelle: © Canetty Clarke Erst im Jahr 1851 erschien diese neue – "vereinfachte" – Fassung der Paganini-Etüden. Sie war durchsichtiger, eleganter und klangfreundlicher als das Original. Liszt hatte inzwischen viel Praxis als Konzertpianist gewonnen. Die ursprüngliche Vorlage für diese Werke waren, wie bereits erwähnt, die Solo-Capricen für Geige von Paganini gewesen. Bis auf die dritte Etüde: Sie ist "La Campanella" nachempfunden: So heißt der Schlusssatz von Paganinis Violinkonzert Nr. 2. Mit seinen zarten Glöckchenklängen ist es bis heute ein beliebter Ohrwurm, egal auf welchem Instrument. "Bei diesen Stücken lässt sich vielleicht erraten, dass sie ursprünglich für Geige geschrieben wurden, aber offensichtlich ist es nicht. Liszt konnte Musik quasi 'anders einkleiden', so dass sie frisch und neu klang." So erklärt Marc-André Hamelin Liszts Geheimnis.

Hamelin spielte die Stücke schon in seiner Jugend

Durch seinen Vater lernte Marc-André Hamelin die Etüden bereits in seiner Jugendzeit kennen. Und war bestens mit ihnen vertraut, als er sie selbst – als Teenager – einstudierte: "Mein Vater war ein sehr guter Amateur-Pianist. Durch ihn lernte ich viel über das Standard-Repertoire. Besonders mochte er Liszt, Chopin und Schumann. Er konnte auch einige der Paganini-Etüden spielen, so gut war er. Und er hörte viele Aufnahmen. Bei uns zuhause lief fast immer der Plattenspieler. Somit kannte ich diese Stücke seit ich klein war, da ich sie immer im Ohr hatte".

Funkeln und viel Seele

Die sechste und letzte Paganini-Etüde ist vielleicht die herausfordernste. Liszt soll sie sicher und überlegen im Konzert gespielt haben, sogar in der ersten, schweren Fassung. Heute kämpfen Pianisten selbst noch in der zweiten Fassung mit diesen unsagbar schwierigen Variationen. Dabei sollen sie tänzerisch-leicht klingen. Aber welche der Etüden gefällt wohl Marc-André Hamelin am besten? "Am längsten habe ich die Nr. 2 gespielt. Die mochte ich immer sehr. Aber sie sind alle etwas Besonderes. Sie haben so ein Funkeln und so viel Seele und sind dem Instrument auf den Leib geschneidert, so dass sie dem Pianisten wirklich Freude machen. Und zu sehen, wie Liszt die Originale von Paganini umformte, ist fast schon faszinierend genug."

Musik-Info

Franz Liszt:
Grandes Études de Paganini
Sechs Etüden für Klavier nach Niccoló Paganini

Marc-André Hamelin (Klavier)
Label: Hyperion

Sendung: "Das starke Stück" am 20. Juni 2023, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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