Der Tod ist ein häufiges Sujet in der Musik: unzählige Requiems und Totenklagen bezeugen dies, von den Toten auf der Opernbühne ganz zu schweigen. Doch selten geht es dabei um den Tod eines Kindes.
Bildquelle: Internationale Gustav Mahler Gesellschaft Wien
Starke Stücke
Mahler - Kindertotenlieder
Viel zu sensibel scheint das Thema, um es zum Inhalt einer künstlerischen Auseinandersetzung zu machen. So musste Gustav Mahler viel Kritik einstecken, als er zwischen den Jahren 1901 und 1904 seine Kindertotenlieder komponierte. Zumal er sich zu jener Zeit noch über zwei gesunde Töchter freuen konnte. "Ich kann es nicht verstehen, dass man den Tod von Kindern besingen kann, wenn man sie eine halbe Stunde vorher, heiter und gesund, geherzt und geküsst hat," reagiert Alma Mahler empört auf die Beschäftigung ihres Gatten mit Gedichten von Friedrich Rückert, die vom Schmerz des Schriftstellers über den Tod zweier seiner Kinder handelten. Gustav Mahler hat mit seiner Vertonung der Gedichte aus Rückerts umfangreichem Zyklus an ein Tabu gerührt. Die Vorbehalte Alma Mahlers gegenüber diesen Liedern bestätigten sich drei Jahre später auf tragische Weise als die gemeinsame Tochter Maria Anna an Scharlach starb.
In Mahlers Kindertotenliedern birgt die Trauer schon den Trost in sich. Und umgekehrt ist jeder versöhnliche Ton von tiefer Melancholie durchdrungen. Wenig erfährt der Zuhörer über das Kind und sein Sterben aus den Liedern Gustav Mahlers - umso mehr jedoch über die Seelenqual des Hinterbliebenen.
Der subjektive Gestus des Sängerparts, der Mahlers Liedschaffen allgemein prägt, ist in den Kindertotenliedern besonders stark präsent und verdrängt jene Stilmittel, die für Mahler sonst auch typisch sind wie folkloristisch anmutende Stimmungen sowie Tanz- und Marsch-Elemente. Die Trauer und die Verzweiflung wirken dadurch viel unmittelbarer auf Interpret und Hörer.
Das Wiegenlied am Schluss deutet die tröstliche Vorstellung eines Wiedersehens mit den gestorbenen Kindern im Jenseits an. Dennoch bleibt angesichts des grausam frühen Todes die Gewissheit, dass jedes Trostversprechen einer Illusion gleicht.
Gustav Mahler - Kindertotenlieder. Ein Liederzyklus nach Gedichten von Friedrich Rückert
Christian Gerhaher, Bariton
Gerold Huber, Klavier
CD-Titel: Arte Nova Voices
Label: Sony BMG