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Felix Mendelssohn Bartholdy Oktett Es-Dur

Elfen, Feen, Kobolde, Hexen – ein Traum einer Walpurgisnacht. Ein Geisterspuk, von einem Wunderkind in Töne gesetzt. Der Geniestreich eines 16 Jahre alten Knaben. Felix Mendelssohn Bartholdy hatte sich von Goethe zu dieser Musik inspirieren lassen. Wiebke Matyschok stellt das Starke Stück gemeinsam mit dem Geiger Daniel Hope vor.

Bildquelle: picture alliance/Mary Evans Picture Library

Das starke Stück zum Anhören

"Es wäre wirklich einmal eppes Rores, wenn aus einem Judensohne ein Künstler würde", schrieb der Lehrer Carl Friedrich Zelter an den Dichterfreund Goethe in Weimar über ein Wunderkind. Gemeint war der 14j-ährige Felix Mendelssohn-Bartholdy. Den unterrichtete Zelter, Leiter der Berliner Singakademie, schon seit einigen Jahren in Komposition. Außerdem spielte Felix schon früh Klavier "wie der Teufel". Aus seinem Sohn sollte etwas werden, hatte Vater Abraham Mendelssohn-Bartholdy – ein reicher Bankier – früh beschlossen. Der junge Komponist musste allerdings erst noch beweisen, dass er für die Musikerlaufbahn tauge ...

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Das Wunderkind Felix

"Mein Felix fährt fort und ist fleißig, er hat soeben ein Oktett für acht obligate Instrumente vollendet, das Hand und Fuß hat", berichtete Carl Friedrich Zelter – Leiter der Berliner Singakademie, im bürgerlichen Beruf Maurermeister und Theorielehrer des Wunderknaben – seinem Freund Johann Wolfgang von Goethe. Viel mehr ist nicht bekannt über die Entstehung des Oktetts im Jahr 1825. Der Greis hatte bereits wenige Jahre zuvor dem erst 13-jährigen Mendelssohn eine Handschrift Mozarts vorgelegt. Dieses Wunderkind hatte Goethe in Frankfurt einst spielen gehört, da war der Dichter selber erst zwölf. Zelters Schützling meisterte die ihm gestellte Aufgabe fehlerfrei. War er der Mozart des 19. Jahrhunderts? "Mein lieber Sohn, von heut ab bist Du kein Junge mehr, von heute an bist Du Gesell", beförderte Zelter ihn nach Vollendung des Oktetts: "Ich mache Dich zum Gesellen im Namen Mozarts, im Namen Haydns und im Namen des alten Bach."

Nächtlicher Spuk

Der 12-jährige Felix Mendelssohn Bartholdy spielt Goethe in Weimar vor | Bildquelle: picture-alliance/dpa Der 12-jährige Felix Mendelssohn Bartholdy spielt Goethe in Weimar vor. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Felix Mendelssohn-Bartholdy hatte sich von Goethe inspirieren lassen zu der zauberhaft flirrenden Musik seines Streichoktetts op. 20. Ein Scherzo frei nach einem satirischen Intermezzo aus Goethes "Faust". "Wolkenflug und Nebelflor / Erhellen sich von oben. / Luft im Laub und Wind im Rohr, / und alles ist zerstoben", heißt es da, und sonderbare Gestalten versammeln sich: Dilettanten, Snobs und Kritiker, Religiös-Orthodoxe und eine Hexenschar unter den wachsamen Augen von Oberon und Titania. König und Königin der Elfen. Und alle werden verzaubert von einem Kapellmeister, der ein Orchester von Winzlingen anführt: Fliegen, Mücken, Frösche und Grillen sowie ein seifenblasender Dudelsack. Der Spuk endet im Morgengrauen. "Ja man möchte selbst einen Besenstil zur Hand nehmen, der luftigen Schar besser zu folgen.", schrieb Schwester Fanny über das Scherzo des Oktetts: "Am Schlusse flattert die erste Geiger federleicht auf – und alles ist zerstoben."

Mendelssohns Oktett von zeigt eine erstaunliche Reife für jemand, der 16 Jahre alt war, als er es angefangen hat.
Der Geiger Daniel Hope

Das großartigste Oktett der Literatur?

Für den Geiger Daniel Hope ist Mendelssohns Oktett ein Meisterwerk: "Mozart hatte natürlich einiges zu bieten, aber das Oktett von Mendelssohn zeigt eine Reife für jemand, der 16 Jahre alt war, als er es angefangen hat; das ist erstaunlich. Und ich finde es ganz niedlich, diesen Brief zu lesen, den Zelter an Goethe geschrieben hat: 'Ja, Mein Mendelssohn schreibt gerade an einem Oktett, das Hand und Fuß hat.' Dabei beschreibt er eines der großartigsten Werke, das je für diese Besetzung entstehen wird."

Der Ritterschlag

Geiger Daniel Hope | Bildquelle: Harald Hoffmann Bildquelle: Harald Hoffmann Die Jahre des Wunderkinds waren jedenfalls nach der Komposition des Oktetts für Mendelssohn vorbei. Im selben Jahr war der junge Komponist bereits Luigi Cherubini in Paris vorgestellt worden. Ein alternder Opernkomponist, der dem Knaben wie ein "ausgebrannter Vulkan" vorkam: "Er sprüht noch zuweilen, aber er ist ganz mit Asche und Steinen bedeckt." Luigi Cherubini war beeindruckt vom Klavierspiel und den Kompositionen des jungen Musikers und erteilte seinen Ritterschlag. Vater Abraham war nun überzeugt: Sein Sohn würde Musiker werden. Wenige Monate später vollendete der junge Komponist das Oktett, das seinen nächsten Geniestreich vielleicht schon ahnen ließ: die Ouvertüre zum "Sommernachtstraum" von William Shakespeare.

Felix, der Glückliche?

"Ich finde, dass dieser Name wirklich genau auf Mendelssohns Musik passt", sagt Daniel Hope. "Es findet sich ein unglaubliches Glück in den Melodien von Mendelssohn. Man hat eine beschwingte Art und Weise, diese Musik zu hören und auch zu spielen. Das ist Musik eines jungen Mannes - eines Mannes voller Energie und Enthusiasmus und voller Hoffnung. Diese Musik ist so unglaublich frisch und froh und fröhlich, und genauso empfinde ich das, wenn ich das spiele oder höre."

Musik-Info

Felix Mendelssohn Bartholdy:
Oktett Es-Dur, op. 20


Daniel Hope (Violine)
Chamber Orchestra of Europe
Leitung: Thomas Hengelbrock

Label: Deutsche Grammophon

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