Nachdem Wolfgang Amadeus Mozart im Frühjahr 1781 nach Wien übersiedelt war, feierte er dort großartige Erfolge mit seinen Klavierkonzerten. In der Folgezeit schuf er zwischen Ende 1782 und Ende 1786 fünfzehn weitere Werke dieses Genres. Das Konzert Nr. 25 in C-Dur, KV 503 ist das letzte dieser langen Reihe. Der Pianist Francesco Piemontesi hat es im letzten Jahr auf CD eingespielt; Dorothea Hußlein hat mit ihm über dieses Stück und dessen besonderen Reiz gesprochen.
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Das Starke Stück zum Anhören
Als Mozart am 4. Dezember 1786 das C-Dur-Konzert, das letzte seiner zwölf großen Klavierkonzerte, in sein "Verzeichnüß" eigener Werke als vollendet eintrug, ahnte er wohl kaum, dass seine große Zeit in Wien zu Ende ging. Hätte er sonst in diesem Winter solche Monumentalwerke schaffen können? Unglaublich: Schon zwei Tage später war die "Prager" Symphonie abgeschlossen, und dann begann er das C-Dur-Streichquintett. Kurz nach der Fertigstellung des C-Dur Klavierkonzertes reiste Mozart nach Prag, wo er dieses vermutlich auch spielte. Ein feierlich-festliches Prunkstück, in der Tonart der strahlenden "Jupiter"-Symphonie, die Francesco Piemontesi alles andere als einfach empfindet: "Als ich das zu lernen anfing, merkte ich, wie schwierig C-Dur doch sein kann", sagt er. Seit über 20 Jahren ist der 1983 in Locarno geborene Pianist mit dem Werk vertraut.
Man muss den ersten Satz einfach gut gestalten, damit die Form nicht auseinanderfliegt.
"Man denkt immer, C-Dur ist die Anfangstonart, und jeder Klavierlehrer sagt in der ersten Stunde, man muss mit C-Dur anfangen", führt Piemontesi fort. Doch was Mozart hier schreibt, ist "wirklich kompliziert und technisch auch unangenehm": "Es war keine einfache Arbeit für mich, das Stück konzertreif unter dem technischen Standpunkt vorzubereiten. Und musikalisch natürlich auch. Man muss den ersten Satz, der ein langes und kompliziertes Stück ist, einfach gut gestalten, damit die Form nicht auseinanderfliegt."
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Das C-Dur-Konzert ist, neben dem Klavierkonzert KV 491 in c-Moll, das ihm unmittelbar vorausging, Mozarts imposanteste Arbeit dieser Gattung, vor allem der erste Satz. Denn das eröffnende Allegro ist mit knapp 15 Minuten der längste Konzertsatz in Mozarts Werken. "Das ist eine Art unendliche Durchführung", sagt Piemontesi über diesen Satz. "Das heißt, man muss auf jeden Fall im Kopf einen Plan haben: Wie gehe ich von A nach B, wie gehe ich zum Höhepunkt, wie komme ich zurück - wie eine Landkarte beim Wandern."
Eine wunderbare Art, ein Klavierkonzert anzufangen.
Francesco Piemontesi | Bildquelle: © Marco Borggreve Und der Solist muss gut zweieinhalb Minuten warten, bis er ins Geschehen mit einsteigen kann. Und obwohl er nicht gleich mitspielt, bedeutet das für Francesco Piemontesi vom ersten Moment an hohe Konzentration. Als Partner des Orchesters ist er mit diesem ständig im Dialog und muss innerlich bereits auf die Orchesterexposition reagieren. Eine jede Tempoentscheidung vom Dirigenten bedeutet gleichzeitig eine Festlegung des musikalischen Charakters, und eine Lautstärkeentscheidung des Orchesters beeinflusst ihn natürlich auch: "Diese Einleitung - das ist eine Art Improvisation, eine Art Überleitung zwischen der Orchesterexposition und der richtigen Klavier-Doppelexposition. Das finde ich wirklich sehr interessant, weil man die Möglichkeit hat, sich noch etwas Zeit zu nehmen, frei zu sein, und sich auf den späteren Duktus vorzubereiten. Eine wunderbare Art, ein Klavierkonzert anzufangen."
Da Mozart alle seine Klavierkonzerte für sich selbst oder für einen kleinen Zirkel Liebhaber und Kenner geschrieben hat, hat er sie – mit wenigen Ausnahmen – zu Lebzeiten nicht veröffentlicht. Sein längstes Klavierkonzert, eben das C-Dur-Konzert KV 503, wurde erst postum von Constanze auf eigene Kosten publiziert. Dass Mozart dieses Werk besonders am Herzen lag, geht aus einem Skizzenblatt zum Kopfsatz hervor, auf dem er sehr gründlich an der Ausarbeitung feilte.
Der zweite Satz, das Andante, vereint mit seiner ruhigen und friedvollen Ausstrahlung Poesie und Einfachheit, wobei sich der Rhythmus ununterbrochen wandelt. Im übermütigen Finalsatz hingegen gelangt das heitere und virtuose Element vollends zum Durchbruch. Der Klavierpart ist virtuos behandelt und funkelt von Geist und Humor. Überraschende Übergänge verleihen dem Ganzen einen gar nicht immer C-Dur-hellen, betörenden Farbreiz.
Franceso Piemontesi | Bildquelle: Marco Borggreve Bezeichnend für das Klavierkonzert in C-Dur sind der vielfältige Wechsel zwischen Dur und Moll sowie – ähnlich wie bei der zeitgleich entstandenen "Prager" Symphonie – die reiche kontrapunktische Behandlung der Themen. Solokadenzen zu dem Konzert hat der Komponist nicht hinterlassen. Vom Umfang und der Besetzung mit Pauken und Trompeten her weist es schon auf Beethoven voraus. Insgesamt finden sich in diesem Werk sowohl Verspieltheit wie auch Tiefe, Lebensfreude genauso wie Melancholie. Und wenn alles angemessen zur Geltung kommt, wird das Publikum am Schluss nicht wissen, ob es vor Glück lachen oder weinen soll. Francesco Piemontesi empfindet nach den letzten Takten des Konzerts pure Euphorie: "Ich muss sagen, man kann am Ende nach dieser ziemlich langen Coda vor Freude gar nicht mehr auf dem Stuhl bleiben: das ist wirklich ansteckend. Also wie sich innerhalb von zehn Minuten die Freude immer weiter steigert, das finde ich wirklich magisch!"
Wolfgang Amadeus Mozart:
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 25 C-Dur, KV 503
Franceso Piemontesi (Klavier)
Scottish Chamber Orchestra
Leitung: Andrew Manze
Label: Linn
Sendung: "Das starke Stück" am 6. März 2018, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK