Johann Sebastian Bach war der erste, der 24 Präludien und Fugen in allen Tonarten komponierte. Frederic Chopin der Zweite. Allerdings hat er auf die Fugen verzichtet und aus Präludien selbständige Stücke gemacht, die durch die Romantik eher Nocturnen oder Etüden ähneln.
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Das starke Stück
Sergej Rachmaninow - Préludes op. 32
Sergej Rachmaninows 24 Präludien stehen im Zeichen von Chopin. Sie sind in drei Etappen entstanden und erst mit seinen letzten 13 Preluden op. 32 wurde die Kollektion vollständig. Wie ein wogendes Meer, in mitreißenden Triolen und aufgeregten Passagen kündigt das erste Präludium aus dem Opus 32 sofort den hohen technischen Anspruch an. Diese 13 Präludien sind das letzte Kapitel des gesamten Präludienzyklus von Sergej Rachmaninow.
Sein erstes Werk in diesem Genre schrieb der Komponist mit 19 Jahren. Das war das berühmte Präludium in cis-moll op. 3. Mit diesem Stück wurde er berühmt. Doch je bekannter das Präludium wurde und je öfter Rachmaninow gebeten wurde, es zu spielen, desto weniger konnte er es ausstehen. Er verabscheute jedes Publikum, das ihn auf das cis-Moll Präludium reduzierte.
Erste zehn Jahre später wandte sich der Komponist wieder dieser Gattung zu. 1903 schrieb er zehn Präludien op. 23, gewidmet seinem Lehrer Alexander Ziloti. Und erst sieben Jahre später vervollständigte er die ganze Sammlung um 13 weitere Präludien. Er komponierte sie in den bisher fehlenden Tonarten.
Eine reiche Stimmungspalette sind vor allem seinen späten Präludien op.32. Von Lyrik bis zur Tragik, von Idylle bis zur Resignation, von stiller Trauer bis zur jubelnden Apotheose. Alles ist in diesem Zyklus vorhanden. Die Kontraste zwischen den Stücken sind verblüffend.
Während zum Beispiel das Präludium Nr. 5 in G-Dur an eine romantisch-nostalgische Nocturne denken lässt, ist ihr Nachbar in f- moll das absolute Gegenteil: wild, stürmisch, hochvirtuos und voller seltsamer chromatischer Klangfarben.
"Das Prélude, wie ich es verstehe, ist eine Form absoluter Musik, mit der Zielrichtung, wie sein Name ausdrückt, vor einem wichtigeren Musikstück gespielt zu werden, oder als Einführung zu irgendeiner Veranstaltung." (Sergej Rachmaninow)
Das Präludium Nr. 10 in h-moll ist eines der düsteren Momente im ganzen Opus. Das Stück wurde von einem unheimlichen, von Todesgedanken heimgesuchten Gemälde "Die Rückkehr" Arnold Böcklins angeregt. Die Klage, die zunächst sanft angestimmt wird, wird zunehmend tragischer, vor allem durch die Fortissimi Akkorde im mittleren Teil.
Das letzte Stück des Zyklus ist das majestätische Präludium in Des-Dur. Es hat fast dieselbe Tonart wie sein 17 Jahre zuvor komponiertes erstes Präludium in cis-moll. Die Glockenklänge erinnern an das frühe Stück ebenso wie der erregte Mittelteil. Der einzige Unterschied liegt in der Dur-Tonart. War es dort ein Versinken in Hoffnungslosigkeit, so schwört Rachmaninow hier auf das Leben. Mit diesem Präludium schafft Rachmaninow einen einzigartigen tonalen Bogen über mehrere Jahre und den gesamten Zyklus. Das grandiose Finale ist Rachmaninows Abschied von der Gattung Präludium.