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15. November 1721 – Die Hauskonzerte des Herrn Telemann Ein ganz neuer Rahmen für die Musik

Hamburg, 15. November 1721. Am Cembalo sitzt der neue musikalische Leiter der fünf Hamburger Hauptkirchen: Georg Philip Telemann. Das gefällt der konservativen Fraktion der Hansestadt gar nicht. Frisch im Amt ist Telemann und tut nicht nur das, was er soll, also die Gottesdienste musikalisch gestalten, nein, er veranstaltet Hauskonzerte für die Öffentlichkeit!

Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Eine ganze Weile schauen sich die sogenannten "Oberalten" das Treiben von Telemann an. Dann beschweren sie sich beim Rat der Stadt, dass "der hiesige Cantor Telemann seine Musik aufführt, dabey aber allerhand Unordnung schafft. Dazu kommen noch seine Opern, Comedien und dergleichen – alles zur Wollust anreizenden Aufführungen!". Die musikalischen Extrawürste von Telemann sollen deshalb schleunigst "unter einer ernstlichen Strafe ein für alle Mal verboten werden!"

Hauskonzerte mit Eintritt

Man könnte fast meinen, Telemann betreibe ein Bordell. Dabei besteht das Unzüchtige allein darin, dass Telemann gleich nach seiner Ankunft in Hamburg ein Collegium musicum aus Amateurmusikern gründet. Für die räumt er sein Wohnzimmer leer, schafft ein paar Stühle hinein und organisiert Konzerte. Am 15. November 1721 findet das erste statt. Über den Winter wächst die Fangemeinde der Konzerte – für die Telemann Eintritt verlangt. Und vermutlich liegt genau da der Hund begraben: Telemann verdient sich ein Zubrot!

Auch Texthefte verkauft Telemann mit Gewinn

Das mögen die Pfeffersäcke gar nicht, zumal Telemann bereits an den Textheften für die sonntäglichen Kantaten seine private Kasse klingeln lässt: Die Hefte schleust er am Ratsbuchdrucker vorbei, lässt sie woanders auf eigene Rechnung billiger drucken und verkauft sie mit Gewinn. Der sogenannte "Ratsbuchdrucker-Streit" beschäftigt die Hamburger Obrigkeit über 35 Jahre.

Telemanns Errungenschaft – Musik für alle

Die öffentlichen Konzerte von Telemann auch! Allerdings werden die nicht verboten, wie von den Oberalten gewünscht. Nach knapp drei Jahren findet sogar ein Ortswechsel statt. In der Presse heißt es: "Das Hamburgische Collegium musicum wird nicht mehr in Telemanns Wohnung gehalten, hingegen im Drill Hause wöchentlich zwei Mal, nämlich montags und donnerstags." Telemanns Starrsinn ist es also zu verdanken, dass sich die Konzerte etablieren. Jenseits von Kirche und Aristokratie schafft Telemann in Hamburg einen ganz neuen, einen öffentlichen Rahmen für die Musik, zugänglich für ALLE!

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Telemann - TAFELMUSIK: Ouvertüresuite B-Dur (TWV 55:B 1), Jordi Savall & Georgian Sinfonietta | Bildquelle: Georgian Sinfonietta (via YouTube)

Telemann - TAFELMUSIK: Ouvertüresuite B-Dur (TWV 55:B 1), Jordi Savall & Georgian Sinfonietta

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Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 15. November 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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