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Tschaikowskys Violinkonzert - Fünf Aufnahmen im Vergleich Romantik vs. russische Folklore

Tschaikowskys Opus 35 ist ein Prüfstein für Geigenvirtuosen. Denn hier wimmelt es von schwierigen Läufen, Passagen in extrem hoher Lage und Doppelgriffen, bei gleichzeitig hohem Anspruch an die musikalische Gestaltungskraft. Welche Geigerinnen und Geiger sind Tschaikowskys Violinkonzert wirklich gewachsen? Fünf Aufnahmen im Vergleich.

Peter Tschaikowsky | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Als Tschaikowskys einziges Violinkonzert 1881 in Wien uraufgeführt wurde, tobte das Publikum - und nicht nur vor Begeisterung. Der berühmt-berüchtigte Kritiker Eduard Hanslick schrieb drastisch: "Tschaikowskys Violin-Concert bringt uns zum erstenmal auf die schauerliche Idee, ob es nicht auch Musikstücke geben könnte, die man stinken hört." Selbst der Geiger Leopold Auer, der das Werk ursprünglich uraufführen sollte, hatte es als zu schwierig und zu radikal abgelehnt. Inzwischen gehört Tschaikowskys Opus 35 zu den Klassikern des Violinrepertoires.

David Oistrach: Warmer Ton, großes Vibrato

David Oistrachs Interpretation ist eine Referenz für Tschaikowskys Violinkonzert. Der sowjetische Geiger hat das Konzert gleich mehrmals eingespielt, unter anderem 1954 mit der Staatskapelle Dresden unter Franz Konwitschny. Zupackend und gleichzeitig sehr gesanglich gestaltet Oistrach das Konzert, mit großem Ton und warmem Vibrato. Einfach grandios, wie er die Spannungsbögen setzt und jeden Ton gestaltet. Gern spielt er mit kleinen Tempoverzögerungen, um dann wieder vorwärtszugehen. Ein sehr romantischer Tschaikowsky.

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Tchaikovsky: Violin Concerto in D major, Op. 35 - David Oistrakh, Konwitschny, Staatskapelle Dresden | Bildquelle: Sebastián Rodríguez González (via YouTube)

Tchaikovsky: Violin Concerto in D major, Op. 35 - David Oistrakh, Konwitschny, Staatskapelle Dresden

Patricia Kopatchinskaja: Spiel mit Effekten

Weg mit der gefühligen Romantik! Die Geigerin Patricia Kopatchinskaja hat ganz andere Vorstellungen, wie Tschaikowsky klingen sollte – und stellt damit unsere Hörgewohnheiten in Frage. Ihre Tonsprache ist herb und spröde, in den leisen Passagen bleibt nur noch ein schwaches Hauchen über der Saite. Neu und interessant klingt das auf jeden Fall, aber auch befremdlich und übertrieben. Begleitet wird Patricia Kopatchinskaja in dieser Einspielung von 2014 vom Orchester Musica Aeterna unter Teodor Currentzis.

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Violin Concerto in D Major, Op. 35, TH 59: I. Allegro moderato | Bildquelle: Patricia Kopatchinskaja - Topic (via YouTube)

Violin Concerto in D Major, Op. 35, TH 59: I. Allegro moderato

Sarah Christian: Eleganz auf der Geige

Noch ganz frisch ist die Aufnahme von Sarah Christian. Sie hat Tschaikowskys Violinkonzert im Herbst 2020 gemeinsam mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen eingespielt. Solistin und Orchester interagieren perfekt miteinander, und das ist kein Wunder: Sarah Christian ist seit Jahren Konzertmeisterin der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Warm und immer elegant klingt ihr Tschaikowsky, bei makelloser Technik. Hörenswert!

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Violin Concerto in D Major, Op. 35: I. Allegro moderato | Bildquelle: Sarah Christian - Topic (via YouTube)

Violin Concerto in D Major, Op. 35: I. Allegro moderato

Nemanja Radulovic: Der Freigeist

Nemanja Radulovic präsentiert Tschaikowskys Violinkonzert ungemein lebendig, mit herausragener Technik und glänzendem Ton. 2016 entstand die Aufnahme; das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra unter Sascha Goetzel unterstützt ihn mit viel Verve. Aus der hochvirtuosen Kadenz im ersten Satz macht Radulovic eine Zaubershow. Immer wieder lässt er das Publikum mit langen Spannungspausen in der Schwebe, dann folgen perlende Tonkaskaden und blitzsaubere Doppelgriffe. Allerdings wirken einige seiner Einfälle etwas willkürlich.

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Tchaikovsky: Violin and Orchestra Concerto in D Major, Op. 35, TH 59 - I. Allegro moderato | Bildquelle: Nemanja Radulović - Topic (via YouTube)

Tchaikovsky: Violin and Orchestra Concerto in D Major, Op. 35, TH 59 - I. Allegro moderato

Julia Fischer: Seele und Perfektion

Einfach umwerfend ist Julia Fischers Tschaikowsky-Aufnahme aus dem Jahr 2006! Die Münchner Geigerin war damals 23 Jahre alt und wurde im gleichen Jahr die jüngste Professorin an einer deutschen Hochschule. Frisch, mitreißend und energiegeladen spielt Julia Fischer das Violinkonzert, mit einer breiten Palette an Klangfarben und dazu einer fantastischen Technik. Ihr Tschaikowsky klingt seelenvoll und romantisch, ohne gefühlig zu werden. Auch das Zusammenspiel mit dem Russischen Staatsorchester unter Yakov Kreizberg ist organisch und kammermusikalisch.

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Violin Concerto in D Major, Op. 35: I. Allegro moderato | Bildquelle: Julia Fischer - Topic (via YouTube)

Violin Concerto in D Major, Op. 35: I. Allegro moderato

Sendung: "Interpretationen im Vergleich" am 22. Februar 2022 ab 20:05 Uhr auf BR-KLASSIK. Nach der Ausstrahlung können Sie die Sendung bis zum 1. März 2022 online nachhören.

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