Benares, Indien, 7. April 1920: Ravi Shankar wird geboren. Der Sohn aus einer Brahmanen-Familie wächst als Sitar-Spieler zu einem Musiker heran, der später von den Beatles über Yehudi Menuhin bis John Coltrane viele berühmte Kollegen unterschiedlichster Genres stark beeinflussen wird – ein bedeutender geistiger Vater der musikalischen Begegnung von Ost und West.
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1967 klang Popmusik plötzlich anders. Nicht zuletzt bei den Beatles. Vor allem bei einem von ihnen: George Harrison. Er war der Stille aus der Band. Und der besonders weltoffene. Im Jahr davor hatte er Unterricht bei einem berühmten indischen Musiker genommen: dem Sitar-Spieler Ravi Shankar. Eine Begegnung mit Folgen; denn Harrison interessierte sich ernsthaft für die Musik, die Shankar machte, wie Ravi Shankar später in einem Interview schilderte. Und das katapultierte dessen Popularität in unerwartete Dimensionen. Der Musiker mit der kraftvollen Präsenz, den gleichzeitig eine große Ruhe auszeichnete, entwickelte sich zum bekanntesten indischen Musiker der ganzen Welt.
Am 7. April 1920 war Ravi Shankar in Benares – heute üblicher Name des Ortes: Varanasi - als jüngster von sieben Söhnen einer bengalischen Brahmanenfamilie geboren worden. Einer seiner Brüder war Choreograph. In dessen Gruppe trat Ravi Shankar zunächst als Tänzer auf, sogar international. Doch diese Karriere beendete er, um streng Musik zu studieren. Fünf Jahre. Bald danach gründete er ein Orchester für den indischen Rundfunk. Und schließlich begegnete er einem berühmten Geiger.
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Ravi Shankar and Yehudi Menuhin
Dieser Geiger war Yehudi Menuhin. Er und Shankar werden 1952 bei einer Indien-Reise Menuhins einander vorgestellt. Menuhin lädt Shankar nach New York ein, doch das zerschlägt sich, aufgrund privater Terminprobleme Shankars, der stattdessen einen Kollegen nach New York schickt, um dort einem westlichen Publikum klassische indische Musik zu erklären. Erst viele Jahre später werden Yehudi Menuhin und Ravi Shankar zusammenspielen: 1966 nehmen sie das gefeierte Album "West Meets East" nach einem gemeinsamen Konzert in England auf.
George Harrison mit Ravi Shankar | Bildquelle: picture-alliance / United Archives / TopFoto Aber Shankars Interesse für den Westen ist bereits nach der ersten Begegnung geweckt. Bereits 1956 begibt er sich auf Tourneen im United Kingdom, in den USA und in Deutschland – und als er in den 1960er Jahren in den USA Aufnahmen macht, hört ihn der Popmusiker David Crosby von der Gruppe The Byrds im Studio. Crosby ist es, der wenig später George Harrison für die indische Musik begeistert. Beide nehmen schon 1965 indische Klang-Elemente in ihre Musik auf – Harrison ist mit dem Einsatz einer Sitar in "Norwegian Wood" sogar drei Monate früher dran als Crosby mit dem Song "Why", in dem es ein von indischer Musik beeinflusstes, sehr langes Gitarrensolo gibt.
So beginnt Ravi Shankars Weg als berühmtester Botschafter indischer Musik in der westlichen Welt. Er spielt bei den Popfestivals in Monterey (1967) und in Woodstock (1969), entsetzt sich über kiffende Hippies und über Jimi Hendrix, der seine Gitarre anzündet – dessen spektakuläre Aktion zeige nicht den gebotenen Respekt vor dem Instrument, findet Shankar.
Eine Playlist mit fünf Videos zum Thema Ravi Shankar finden Sie hier.
Ravi Shankars Tochter Anoushka | Bildquelle: © Simonyc
Shankar schreibt symphonische Werke mit Sitar als Solo-Instrument, gewinnt bedeutende Preise – unter anderem den Musikpreis des Internationalen Musikrats der UNESCO 1975 und vier Grammys –, beeinflusst den bedeutenden Jazzmusiker John Coltrane so, dass der seinen Sohn nach ihm nennt: Ravi Coltrane, der, wie sein Vater, ein berühmter Saxophonist wurde.
Shankar selbst hat zwei in der Musikwelt berühmte Töchter: die Sängerin Norah Jones, geboren 1979 in Brooklyn, New York, und die Sitar-Spielerin Anoushka Shankar, geboren 1981 in London. Musikalisch aktiv bleibt er bis kurz vor seinem Tod im Dezember 2012 mit 92 Jahren. Ein Meister langlebiger Resonanz.
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