Helsinki 29. Oktober 1907. Acht Stunden fährt Gustav Mahler mit dem Zug von Petersburg nach Helsinki. Durchgeschüttelt und völlig erschöpft legt er sich aufs Bett. "Helsinfors ist herrlich durch sein Meer, aber der Lärm im Hotel ist grässlich", notiert der Komponist. Sein Abendessen mit Jean Sibelius bleibt ihm ebenfalls nicht in bester Erinnerung.
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Missmutig springt Mahler auf und verlässt das Hotel. Aber schon an der ersten Straßenkreuzung kehrt er wieder um: "Hier ist es so ein Patschwetter und ich muss meinen schönen Pelz ausziehen. Ich mopse mich sehr, weil ich nicht spazieren gehen kann."
Jean Sibelius | Bildquelle: picture-alliance/dpa Kein guter Start für Gustav Mahler in Helsinki. Er ist hier, um ein Konzert zu dirigieren und endlich auch mal Jean Sibelius kennen zu lernen. "Sibelius war schon am Vormittag bei mir", schrieb er nach dem ersten kurzen Treffen. "Ein äußert sympathischer Mann, wie alle Finnländer." Doch die Sympathie geht etwas flöten, als sich die beiden zum Essen verabreden. Mahler bevorzugt das "Gambrinus", ein lautes Lokal mit gutbürgerlicher Küche, das nur ein paar Schritte von seinem Hotel entfernt ist. Sibelius aber kann das Wirtshaus nicht leiden und schlägt ein kultivierteres Restaurant vor. Mahler lehnt motzig ab: "Ich geh wohin ich will."
Schließlich entscheidet Gustav Mahler, der Gast, den Zwist für sich und bezahlt prompt für seine Dickschädeligkeit mit Magenschmerzen. "Ich konnte diese schwere, fette Kost nicht ertragen", jammert er in einem Brief an seine Frau Alma. Das Konzert mit einem Programm aus Beethoven und Wagner, das er in Helsinki dirigiert, wird trotzdem ein Erfolg: "Aus ganz Finnland kamen die Leute zusammen und waren begeistert!", freut sich Mahler über den großen Zuspruch.
Nur mit Sibelius wird Mahler nicht mehr so richtig warm. Die geplante Bootstour unternimmt er dann nur mit dem Maler Akseli Gallen-Kallela. Und mit ihm erlebt Mahler den Höhepunkt seiner Finnlandreise: Über drei Stunden tuckern Mahler und der Künstler mit einem Motorboot durch die bezaubernden finnischen Schären. "Das Meer ist herrlich, überall fließt es ein und überall sieht man es", berichtet Mahler. "Und dieser Gallen … Ein riesig aufgekratzter Mann, der mir gut gefällt!"
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