Potsdam, 12. Februar 1955. Carlos Kleiber gibt sein Debüt als Kapellmeister. Allerdings nicht unter seinem Namen Carlos – so nannte er sich, seit die Familie von Berlin nach Buenos Aires umgezogen war. Auch nicht unter seinem früheren Namen Karl Ludwig Bonifacius Kleiber, sondern als Karl Keller. Warum? Der Vater ist schuld. Erich Kleiber, ein weltberühmter Dirignet, sieht es gar nicht gern, dass sein Sohn ihm nacheifern will.
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Erst überredet Erich Kleiber seinen Sohn Carlos zum Chemiestudium: Er sollte einen gescheiten Beruf lernen. Doch nach nur einem Semester ist Schluss. Carlos will Musik machen, Dirigent werden. Nichts sonst! Der Vater gibt widerwillig nach. Carlos studiert in Rekordzeit Klavier und Kontrapunkt und macht erste Dirigiererfahrungen bei einem kleinen Orchester in Argentinien. 1955 kommt die Gelegenheit: Am Potsdamer Hans Otto Theater darf er die Operette "Gasparone" von Carl Millöcker einstudieren. Der Vater nimmt es hin. Wenn schon dirigieren, dann wenigstens die leichte Muse, erzählt Carlos Kleiber in einem seiner raren Interviews: "Mein Vater meinte, Operette sei gerade das, wo man am meisten dirigieren lernt."
Noch einmal funkt der Vater dazwischen: "Er riet mir, den Namen zu wechseln, was ich auch tat. Aber als ich dann draufkam, dass die Leute sowieso früher oder später das herausbekamen, dachte ich, es ist ein bisschen ein Unsinn, die Maskerade, und habe mich so genannt, wie ich heiße."
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Carlos Kleiber - "Die Fledermaus" - J. Strauss - New Year's Concert 1989
Es beginnt der steile Aufstieg zum teuersten und scheuesten Dirigenten des 20. Jahrhunderts. Zum rätselhaftesten, leidenschaftlichsten. Carlos Kleiber ist der Dirigent mit dem kleinsten Repertoire und den seltensten Auftritten. Auch die schärfsten Kritiker attestieren: Carlos Kleiber kocht nicht mit Wasser. Der kocht mit Feuer!
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Sendung: "Allegro" am 12. Februar 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK