Schiefling am Wörthersee, 12. August 1935. Alban Berg genießt die Sommerfrische. Da sticht ihn ein Insekt. Es ist zwar nur ein kleines Insekt – harmlos, aber lästig. Eigentlich. Doch für den Komponisten wird dieser Stich zum Verhängnis.
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Gerade hat Berg sein Violinkonzert vollendet – an seinem geliebten Sommer-Aufenthalt, dem Waldhaus am Wörthersee. Gewidmet ist es "Dem Andenken eines Engels", der verstorbenen Tochter von Alma Mahler. Trotz allem ist der Tod für den gerade mal 50 Jahre alten Alban Berg, gedanklich noch weit weg. Auch als ihn das Insekt an diesem Augusttag sticht – am Rückgrat, in den Allerwertesten. Aber der Stich entzündet sich. Es entsteht ein Furunkel. An Alma Mahler schreibt Berg: "Ich war jetzt drei Wochen lang krank infolge eines Insektenstichs, der fürchterliche Dimensionen angenommen hat."
Und die Entzündung heilt nicht ab. Berg muss sogar für das Prager Musikfest im Oktober absagen. Im November ist er wieder in seiner Heimatstadt Wien. Sitzen kann er nur noch seitwärts, auf der Stuhlkante. Arbeiten tut er im Liegen. "Hier ist's scheußlich kalt", beschwert es sich. "Schnee! hatte auch schon gehörig Grippe u. jetzt wieder ein Furunkel am Podex. Kann kaum sitzen. Meine Frau behandelt mich besser als Engster, dafür kost's nichts…"
Jaja, das liebe Geld. Um die Arztkosten für Dr. Engster zu sparen, legt Helene selbst Hand an. Sie desinfiziert eine Schere in kochendem Wasser, schneidet das Furunkel auf und drückt es aus. Doch die eheliche Eigentherapie endet fatal. Im Dezember muss Berg ins Spital: heftige Fieberschübe. Alles deutet auf eine Blutvergiftung hin. Er bekommt Spenderblut – von einem jungen Wiener. Berg verliert den Humor nicht. "Echtes Wiener Blut. Wenn jetzt nur kein Operettenkomponist aus mir wird." Berg glaubt fest an seine Genesung. Doch das Fieber steigt weiter. Weniger Tage später stirbt Alban Berg – an den Folgen eines harmlosen Insektenstichs.
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Widmann | Inkinen | Alban Berg: Konzert für Violine und Orchester | Deutsche Radio Philharmonie
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