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Was heute geschah – 14. Oktober 1990 Leonard Bernstein stirbt

New York, The Dakota Building am Central Park, 14. Oktober 1990. Leonard Bernstein stirbt. Die Frage wäre, wieso Leonard Bernstein, wieso ein solches Bündel an Vitalität, Charisma und Enthusiasmus, überhaupt sterben kann. Doch gemessen daran, wie dieser Mann sich zeit seines Lebens in allen Seinsbereichen verströmt hat – als Dirigent, Komponist, Musikerzieher, aber auch als Wohltäter, Familienmensch und Liebhaber – gemessen daran mögen 72 Erdenjahre schon eine großzügig bemessene Zeit darstellen.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Wie Leonard Bernsteins Leben reich, dicht und exzessiv war, ist auch dieses Sterben reich und dicht und auf eine Art auch exzessiv. Und so wechselt Bernstein, schwer lungenkrank und bereits an den Rollstuhl gefesselt, in den letzten Wochen zwischen Antibiotika-Saft und Scotch hin und her – oder zwischen Sauerstoffschlauch und Zigarette. Er empfängt Besuch bis zuletzt, hadert und verzweifelt, um im nächsten Moment wieder mit seinen Besuchern zu scherzen: "Ich mache mir Gedanken über meine Grabrede." – "Was beabsichtigst Du zu sagen?" – "Gefällt in der Blüte seiner Jugend!" – "Und dann?" – "Das überlasse ich euch."

Vorbereitung auf das Ende

Und Leonard Bernstein, der Ostküsten-Intellektuelle, setzt sich auch geistig mit seinem Sterben auseinander, diskutiert mit seinem Psychiater die jüdische Haltung zum Tod. Er lässt sich aus dem Buch Hiob vorlesen und aus den Gedichten des persischen Mystikers Rumi: "Dein Lager suche auf und schlaf, mein Sohn. Alleine lass mich in der Leidenschaft dieser Todesnacht".

Eines von Bernsteins letzten Werken: "Jubilee Games"

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Bernstein: Concerto For Orchestra "Jubilee Games" - 4. Benediction: Moderato, invocando (Live) | Bildquelle: Leonard Bernstein - Topic (via YouTube)

Bernstein: Concerto For Orchestra "Jubilee Games" - 4. Benediction: Moderato, invocando (Live)

Die Reise beginnt

Die Todesnacht kommt dann doch überraschend. Viertel nach sechs an diesem Sonntagabend bäumt sich Bernstein nach einer Antibiotika-Spritze plötzlich auf. Dann ist es vorbei. In seinem Lieblingsanzug bettet man ihn zur Ruhe, mit rotem Einstecktuch, seinem Dirigierstab, einer Partitur von Mahlers Fünfter Symphonie und einem Exemplar von "Alice im Wunderland". In seiner Hosentasche aber hat Leonard Bernstein einen Glücks-Penny und ein Stückchen von einer Substanz, die auf Englisch "Amber", auf Deutsch aber "Bernstein" heißt. Die Reise kann beginnen.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch 7:40 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 14. Oktober 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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