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Was heute geschah – 14. Dezember 1947 Strawinsky organisiert ein Konzert für Hanns Eisler

Los Angeles, 14. Dezember 1947. Es ist kein gewöhnliches Konzert, das an diesem Tag stattfand: Hanns Eisler, der als Jude und Linke in die USA geflüchtet war, stand in Gefahr, ein zweites Mal vertrieben zu werden, denn seine politische Ansichten waren während der hysterisch antikommunisitschen McCarthy-Ära in Amerika auf wenig Gegenliebe gestoßen. Aus Solidarität für den Komponisten hatte Igor Strawinsky mit Eisler befreundete Musiker zusammengetrommelt. Ohne Erfolg ...

Bildquelle: picture-alliance / akg-images

Die Sendung zum Anhören

"Auferstanden aus Ruinen": Da denkt man an Langlauf, an Bobfahren, Skispringen, Kunstturnen und Kugelstoßen, ja, vor allem Kugelstoßen – denn immer dann, wenn die DDR mal wieder eine Goldmedaille bei einem internationalen Sport-Wettkampf ergattert hatte, tönte und dröhnte diese Melodie. Mit der Nationalhymne der DDR hat Hanns Eisler einen Welthit geschrieben. Und in der frisch gegründeten DDR findet er 1949 auch eine Art Zuhause.

Filmkomponist und Professor

Dabei hatte sich der in Leipzig geborene Jude Hanns Eisler sein Leben ganz anders vorgestellt, als er im Jahr 1938 in die USA auswandert. Zunächst läuft dort auch alles rund: Eisler ist ein angesehener Mann. Viele Künstler und Intellektuelle gehen bei ihm ein und aus, auch sein ehemaliger Lehrer Arnold Schönberg. Eisler schreibt Musik zu acht Hollywood-Filmen. Zwei seiner Scores werden für den Oskar nominiert. Er komponiert Liederzyklen – darunter auch das "Hollywooder Liederbuch". Und er hat eine Professur für Komposition und Kontrapunkt in Californien. Das Leben könnte gerne so geregelt weitergehen!

Aus dem "Hollywooder Liederbuch"

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Hanns Eisler: 7 Elegien from "Hollywooder Liederbuch" (1942) | Bildquelle: TheWelleszCompany (via YouTube)

Hanns Eisler: 7 Elegien from "Hollywooder Liederbuch" (1942)

Auf einmal Kommunist

Doch plötzlich wendet sich das Blatt. Hanns Eisler kommt in den Fokus des amerikanischen Staatsschutzes. McCarthy macht kurz nach Ende des Krieges Jagd auf alles, was nur minimal nach Kommunismus riecht. Im Rahmen seiner antikommunistischen Säuberungswelle wird Hanns Eisler vor den "Ausschuss zur Untersuchung unamerikanischer Tätigkeiten" gebracht. Eisler hat in den 1920-er Jahren kommunistische Märsche komponiert und über den Marxismus philosophiert. Eine waschechte, linke Gesinnung kann man ihm damit zwar nicht nachweisen, aber das Etikett "Kommunist" klebt ihm fortan auf der Stirn.

Konzert und Petition

Komponist Igor Strawinsky | Bildquelle: George Hoyningen-Huené Igor Strawinsky | Bildquelle: George Hoyningen-Huené Da macht sich Igor Stavinsky stark für Eisler und organisiert an jenem 14. Dezember ein Solidaritätskonzert. Der Rummel ist groß. Alle, die zumindest einen Funken an Leidenschaft für Musik haben und Eisler kennen, trommelte Stravinsky zusammen. Doch das Konzert zeigt keinerlei Wirkung. Eisler wird weiter verhört. Also setzen sich die Freunde noch einmal für ihn ein und verfassen eine Petition an den Generalstaatsanwalt der USA. Es unterschreiben viele prominente Künstler: Igor Stravinsky, Charlie Chaplin, Leonard Bernstein, Aaron Copland, Henri Matisse, Jean Cocteau, ja sogar Thomas Mann und Albert Einstein.

Trotz allem – die Ausweisung

Doch die McCarthy-Politik kennt in puncto Kommunismus keine Gnade. Hanns Eisler und seine Frau werden 1948 ausgewiesen. Und wieder ist es Stravinsky, der wenigstens noch ein großes Abschiedskonzert organisiert.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 14. Dezember 2020 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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