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Was heute geschah – 15. Juni 2018 Enoch zu Guttenberg stirbt

München, 15. Juni 2018 – der Dirigent, Umweltschützer und Großgrundbesitzer Enoch zu Guttenberg stirbt. Ihn einen streitbaren Geist zu nennen, das wäre eigentlich schon eine Untertreibung – es würde dem Spross einer alten oberfränkischen Adelsfamilie auch nicht gerecht werden. Denn es ging Enoch zu Guttenberg nicht um den Streit, sondern, wie es ein Nachruf formulierte, um das Ringen um einen ethisch fundierten Furor. Oder, einfacher gesagt – um die ehrliche Aussage: "Kunst allein reicht nicht, Kunst ist immer Botschaft, ist immer Inhalt."

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Die Sendung zum Anhören

Weil der damalige bayerische Ministerpräsident Max Streibl nicht an einer Demonstration gegen Antisemitismus teilnehmen will, tritt zu Guttenberg 1992 aus der CSU aus. 20 Jahre später gibt zu Guttenberg bekannt, dass er den Bund Naturschutz verlassen wird, den er Ende der 70er-Jahre mitgegründet hatte. Er stört sich an der positiven Haltung des BUND zur Windenergie. Zwei Monate vor seinem Tod gibt zu Guttenberg den Echo-Klassik zurück, den er und sein Orchester Klangverwaltung 2008 für seine Einspielung von Bruckners Vierter erhalten hatten. Aus Protest darüber, dass die Rapper Kollegah und Farid Bang mit dem Preis geehrt worden waren – trotz ihrer antisemitischen Texte.

Kunst allein reicht nicht, Kunst ist immer Botschaft, ist immer Inhalt.
Enoch zu Guttenberg

Gegen den Willen der Familie

Eigentlich sollte er ja Politiker werden, wie sein Vater vor und sein Sohn nach ihm. Doch Enoch zu Guttenberg studiert Musik und schlägt damit einen ganz anderen Weg ein – und räumt ein: Es war sehr schwer, weil meine Familie teilweise massiv dagegen gearbeitet hat. Viel Zeit bleibt dem jungen Enoch nicht als Kapellmeister – der Vater stirbt, das Familienunternehmen ist angeschlagen, Enoch zu Guttenberg muss das Ruder herumreißen und sich um die Finanzen der Familie kümmern.

Bekenntnismusiker und Ekstatiker

Der Neubeurer Chor war anfangs eher ein Studentenhobby, um Musik machen zu können. Und dieses Hobby-Projekt des ehemaligen Musikstudenten wird zu einem der bedeutendsten Chöre Europas – und Enoch zu Guttenberg, gemeinsam mit der Chorgemeinschaft Neubeuern, zu einem der gefragtesten Dirigenten sakraler Werke. Bekenntnismusiker haben ihn manche Kritiker genannt, einen Ekstatiker am Dirigentenpult.  

"Die Qualität der Aussage, die hat Neubeuern doch erheblich von anderen Chören unterschieden, und das hat das Publikum verstanden, deswegen kommt das Publikum auch, wegen der ehrlichen Aussage" – so hat Guttenberg einmal in einem Interview gesagt. Und die ehrliche Aussage – man könnte sie als das Leitmotiv bezeichnen, nach dem Enoch zu Guttenberg sein Leben und sein Schaffen gestaltete: Ob als Dirigent des Orchesters Klangverwaltung, als Intendant der Festspiele Herrenchiemsee – oder eben als Leiter der Chorgemeinschaft Neubeuern.

Das Publikum kommt wegen der ehrlichen Aussage.
Enoch zu Guttenberg

Kurz nach dem Tod von Enoch zu Guttenberg gibt die Chorgemeinschaft ihre Auflösung bekannt: "Wir wollen nicht mit dem verglichen werden, was vorher war". Eine ehrliche Aussage – dem Bekenntnismusiker, dem Bekenntnismenschen Enoch zu Guttenberg hätte sie sicher gefallen.

WAS HEUTE GESCHAH

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8.30 Uhr und um 16.40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

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