Linz, 20. Oktober 1840. Anton Bruckner besteht die Aufnahmeprüfung zum Schullehrer. Ein Schullehrer? Anton Bruckner, der große Komponist? Ja, und er tut es ohne nachzudenken. Schon als Kind ist klar, dass er mal Lehrer wird – so wie sein Vater und Großvater. Deshalb haben ihn seine Eltern so früh ans Instrument gesetzt. Denn oft muss ein Dorfschullehrer in der Kirche auch den Organisten ersetzen.
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Anton liebt seinen Vater. Als der stirbt, ist Anton erst 13 Jahre alt – und das älteste von zwölf Kindern. Seine Mutter bringt ihn im Augustiner-Chorherren-Stift St. Florian unter. Und hier erst begreift Anton, was Musik wirklich ist. Am meisten beeindruckt ihn die gewaltige Stiftsorgel, auf der er seinem Lehrer assistieren darf. Bald zeigt sich auch das ungeheure Talent des Jungen beim Improvisieren.
Eines Tages stellt der Abt des Klosters dem fleißigen Schüler die entscheidende Frage: "Na, Tonerl, sag, was willst denn eigentlich werd'n? A geistlicher Herr oder a Schulmoaster, wie der Vater? – Oder möcht'st am End gar studier'n?" Anton denkt nicht lange nach. Mit leuchtenden Augen erklärte er: "Wie da Vater!" Damit ist die Entscheidung gefallen. Auch wenn der Beruf des Kapellmeisters dem jungen Genie sicherlich eher entsprochen hätte. Aber die Familie hat kein Geld zum Studieren. Und damit er möglichst bald auf eigenen Beinen stehen kann, meldet sich der 16-jährige Bruckner zur Schullehrer-Aufnahmeprüfung an. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen wird Bruckner auch in Religion und Musik geprüft.
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Bruckner: Vorspiel und Fugue in D minor
Er besteht die Aufnahmeprüfung mit "sehr gut". In den folgenden zehn Monaten wird Bruckner an der kaiserlich-königlichen Hauptschule von Linz zum Lehrer für Trivialschulen ausgebildet. Danach beginnt eine harte Zeit für ihn: Unterrichten, Orgeldienste, aber auch Schneeschippen und sogar Feldarbeit gehören dazu. Es soll viele Jahre dauern, bis Bruckner endlich seiner wahren Bestimmung folgt und sich ganz dem Komponieren widmet. Die Entscheidung Schullehrer geworden zu sein, wird er jedenfalls ein Leben lang bereuen – wenn auch anders als erwartet: "Hätt' i studiert, so wär' i heut' irgendwo in Oberösterreich a wohlb'stallter Pfarrer. Das wär' wohl besser g'wes'n."
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Sendung: "Allegro" am 20. Oktober 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK