Yale, Oklahoma, 23. Dezember 1929: Der Trompeter Chet Baker wird geboren. Was hatte er für einen Ton! Rein, klar, ohne Schnörkel. Die Kunst des Leisen. Des Feinen. Jazz klang nie schlanker, Melancholie nie eleganter, und Schönheit kaum je beseelter. So spielte der Amerikaner Chet Baker – einer der bedeutendsten Jazzmusiker des 20. Jahrhunderts.
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Chet Baker sah aus, als hätte man James Dean eine Trompete in die Hand gedrückt: Ein Jüngling mit Stupsnase, anschmiegsamer Haartolle und zarten Zügen. Und nicht zu vergessen: Augen voller anmutiger Traurigkeit. Selten passten Bild und Ton so zueinander. Dieser schöne Junge von der Westküste spielte, wie er aussah. Und er schrieb Jazzgeschichte.
"Alles Überflüssige ist entfernt. Wir stehen vor makellosen Linien", sagte etwa der Pianist Michael Naura über seine Musik. Der Hornist John Graas analysierte Bakers Spiel so: "Im Grunde benutzt er nur den Tonumfang einer Oktave, und seine Lautstärke bewegt sich zwischen dreifachem Piano und Mezzoforte." Die Kunst des Wesentlichen, könnte man das nennen. Chet Baker beherrschte sie wie kaum ein anderer. Er wurde ein Star wie nur wenige Musiker der Jazzwelt. Und neben seinem Trompetenspiel wurde auch seine Gesangsstimme legendär.
Chesney H. Baker – ein Gesamtkunstwerk. Doch dieses Kunstwerk war brüchig. Baker wurde schon früh heroinsüchtig und geriet so oft mit dem Gesetz in Konflikt wie kaum ein anderer Musiker. 1968 wurden ihm fast alle Zähne ausgeschlagen. Er lebte von der Wohlfahrt, hatte Comebacks, kam hier und dort ins Gefängnis und überraschte doch immer wieder mit wunderbaren Aufnahmen. Schon mit Mitte vierzig sah Bakers Gesicht aus wie das eines uralten Mannes. Baker war eine zerfurchte Ruine, die zahnlos und glasig lächelte.
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Chet Baker Live @ Ronnie Scott's
Sein Spiel spiegelte die ganze Tragik. So klang eine gebrochene Jahrhundertgestalt. Und am 13. Mai 1988 verunglückte dieser Musiker tödlich, als er – aus bis heute ungeklärten Gründen – aus einem Hotelzimmerfenster in Amsterdam fiel. Chet Baker: Aufstieg, Glanz, Abstieg, Sturz. Ein kurzes Dasein mit Tönen für die Ewigkeit.
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Sendung: "Allegro" am 23. Dezember 2020 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK