London, 25. Januar 1858: Prinzessin Victoria, Tochter der englischen Königin, und Prinz Friedrich von Preußen heiraten. Der Erzbischof, heißt es, sei ein bisschen nervös gewesen. Braut und Bräutigam dagegen hätten die Zeremonie souverän hinter sich gebracht. Zum Auszug aus der Kirche erklingt auf der Orgel Mendelssohns "Hochzeitsmarsch". Das ist neu und gibt der Welt einen dauerhaften Impuls.
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Als die beiden einander zum ersten Mal sehen, ist er neunzehn und sie – elf. Die Preußens sind in London zur Weltausstellung geladen, und die junge Prinzessin ist dem Sohn der Gäste als Begleitung zugedacht. Er versucht, mit ihr Englisch zu sprechen, sie antwortet ihm zu seiner Verblüffung in perfektem Deutsch. Fünf Jahre später fährt er wieder nach England. Diesmal, um um ihre Hand anzuhalten. Eltern und Braut sind sehr erfreut, mit der Hochzeit allerdings soll noch gewartet werden, bis Vicky siebzehn ist.
Das restliche England ist entsetzt. Preußen gilt als verschnarchter Provinzstaat. Die englischen Zeitungen mutmaßen, die Prinzessin werde bald wieder reuevoll vor den Toren des Buckingham Palasts stehen. In Preußen selbst ist man hoffnungsvoller. Besonders die fortschrittlichen Kräfte erwarten sich vom englischen Königshaus Impulse für den Aufschwung in ihrem Land.
Felix Mendelssohn Bartholdy | Bildquelle: picture alliance/Mary Evans Picture Library Die Eltern der Braut sind aber nicht nur fortschrittlich, sondern auch kunstsinnig. Sie denken noch immer gern zurück an den Besuch von Felix Mendelssohn Bartholdy im Buckingham Palace. Albert, Gemahl von Queen Victoria, hat ihm auf der Orgel vorgespielt. Die Königin selbst hat ein paar seiner Lieder gesungen, Mendelssohn selbst hat am Klavier improvisiert. "Heil dir im Siegerkranz" in der rechten Hand, "Rule Britannia" in der linken. Das war galant und hat großes Erstaunen hervorgerufen. Groß war das Entsetzen, als fünf Jahre später die Nachricht kam, dass Mendelssohn – noch so jung – verstorben sei.
Und jetzt: die Trauung der Tochter. Für deren Ende haben sich die Brauteltern etwas ganz Besonderes ausgedacht: Zum Auszug aus der Kirche erklingt auf der Orgel Mendelssohns "Hochzeitsmarsch" aus seiner Bühnenmusik zu Shakespeares "Sommernachtstraum". Das ist neu und gibt tatsächlich der Welt einen dauerhaften Impuls. Seit diesem Tag ist Mendelssohns Musik aus dem Hochzeitszeremoniell in unseren Kirchen nicht mehr wegzudenken.
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Hochzeitsmarsch Wedding March (Felix Mendelssohn Bartholdy) Ein Sommernachtstraum-Op.61
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Sendung: "Allegro" am 25. Januar 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK