Die Mutter aus dem Elsass, der Vater aus dem Egerland zwischen Tschechien und Bayern. Böhmen eben. Nomen est omen. Strenges Elternhaus, große musikalische Begabung. Auch Führungsqualität. Der kleine Karl dirigiert seine Cousinen auf der Couch der Großmutter, er gibt ihnen die Einsätze, wann sie runterspringen sollen. Karl macht erst mal etwas Bodenständiges, er studiert Jura. Promoviert. Doch der Virus der Musik siegt letztlich. Und gründlich.
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Er hat ein sagenhaftes Gehör. Nicht zuletzt damit wird er später die Orchestermusiker im Sturm erobern, obwohl er brutal sein kann. Perfektionistisch, unerbittlich, streng in den Proben. Im Konzert dann ist er: gelöst, beflügelnd, voller Hingabe.
Er macht schnell seinen Weg. Kapellmeisterjahre in Graz und München, dann Chefposten in Darmstadt, Hamburg, Dresden. Und zwar kontinuierlich. Von vor dem Krieg bis weit nach dem Krieg. Das heißt: Karl Böhm ist ein begnadeter Musiker. Und ein Mitläufer des Naziregimes. 1934 entlässt man ihn aus seinem Vertrag als Hamburger Generalmusikdirektor, damit er Nachfolger von Fritz Busch an der Semperoper in Dresden wird, den die Nazis abgesetzt haben; 1943 übernimmt er auf Wunsch Hitlers die Wiener Staatsoper. Böhm macht das alles mit, er nimmt auch hin, dass ihn Hitler in die Liste der "Gottbegnadeten" aufnimmt, die nicht ins Militär müssen. Und mehr noch. An den Reichsdramaturgen schreibt er: "Da ich von Geburt aus Österreicher bin, jetzt seit zwölf Jahren reichsdeutscher Staatsangehöriger, und natürlich in Wien viele Anhänger, besonders im nationalsozialistischen Lager habe, glaube ich, dass diese Konzerte propagandistisch von größtem Vorteil für Deutschland sein können. Mit deutschem Gruß, Karl Böhm."
Karl Böhm. Einer der berühmtesten deutschen Dirigenten. Musikalisch faszinierend. Menschlich – bedenklich. Sehr schwierig. Wenn es immer so einfach wäre.
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Karl Böhm Reahearsals Richard Strauss's Elektra .1981
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