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Was heute geschah – 28. Oktober 1893 Tschaikowskys "Pathétique" wird uraufgeführt

Sankt Petersburg, 28. Oktober 1893. Peter Tschaikowsky dirigiert die Uraufführung seiner Sechsten Symphonie. Als "Programmsymphonie" bezeichnet er das Werk – und zwar mit einem geheimen Programm, also top secret: "Es ist von der Art, dass es für alle ein Rätsel bleiben wird! Und nicht selten habe ich, wenn ich herumstreifte und an der Symphonie arbeitete, sehr geweint."

Bildquelle: picture-alliance / akg-images

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Die Petersburger sind an jenem Abend irritiert, sie sind verstört von Tschaikowsky Sechster Symphonie. Mit so viel offenkundigem Schluchzen und so viel hingebungsvollem Seufzen hatten sie nicht gerechnet. Selbst für die durchaus mit Melancholie vertrauten Russen war das eine Überdosis. Sie wären viel lieber mit ein paar saftig-pompösen Akkorden nach Hause gegangen, statt mit diesen klagend-traurigen Posaunen im Ohr. Und selbst manche Musiker im Orchester rätseln über die Symphonie: "Was haben Sie nur getan?! Das ist doch ein Requiem, ein richtiges Requiem!"

Ausnahmsweise ist Tschaikowsky mit sich selbst zufrieden

Dabei ging Tschaikowsky das Traurige geradezu locker von der Hand, während er sich für gewöhnlich doch ziemlich plagt mit dem Komponieren: "Die Arbeit ging so leidenschaftlich, so schnell voran, dass ich in weniger als vier Tagen den ersten Satz ganz fertig hatte und sich die übrigen Sätze schon klar in meinem Kopf abzeichnen!", berichtete der Komponist. Mit seinem Lieblingsneffen Wladimir Dawydow, auch genannt "Bobyk" steht er in regem brieflichen Austausch über das Werk. Ihm widmet er die Symphonie auch. "Ich bin stolzer auf sie als auf alle meine anderen Kompositionen" – ausnahmsweise strotzt Peter Tschaikowsky nur so vor Eigenlob.

Abbado dirigiert die "Pathétique"

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Claudio Abbado-Tchaikovsky-Symphony No  6 Op  74  Pathetique-Orquesta Sinfonica Simon Bolivar | Bildquelle: Eduardo Cantaluppi (via YouTube)

Claudio Abbado-Tchaikovsky-Symphony No 6 Op 74 Pathetique-Orquesta Sinfonica Simon Bolivar

Geheimnisvoller Schwanengesang

Tschaikowskys Symphonie Nr. 6 ist ein kompositorisches Meisterwerk, sie ist eigenartig und einzigartig. Davon ist auch Tschaikowskys Bruder Modest überzeugt. Er ist es, der dieser Symphonie den Beinamen "Pathétique" gibt. Und ja, sie ist pathetisch. Mehr noch: Die Sechste ist tragisch, dramatisch, packend, unheilvoll. Und sie ist Tschaikowskys Schwanengesang: Neun Tage nach der Uraufführung stirbt Peter Tschaikowsky an der Cholera unter bis heute ungeklärten Umständen.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch 7:40 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 28. Oktober 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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