Berlin, 31. März 1992. Sergiu Celibidache kehrt ans Pult der Berliner Philharmoniker zurück. Die alten sind längst weg, natürlich. Die am meisten gegen ihn gestänkert hatten. Die auf ihrem hohen Ross saßen, auf dem in Großbuchstaben "Berliner Philharmoniker" stand, und die es partout nicht einsehen wollten, dass er, der junge genialische Dirigent, stundenlang an ein paar Takten feilen wollte – mit ihnen, den weltbesten Musikern.
Bildquelle: picture-alliance/dpa
Die Sendung zum Anhören
Dabei war er doch als Retter in der Not gekommen, 1945, als der Chef Wilhelm Furtwängler nicht mehr dirigieren durfte, weil er auf seine Entnazifizierung wartete. Wie glücklich war das Orchester damals, als der junge, zwar charismatische, aber auch kontroverse Celibidache die Konzerte übernahm. Als Furtwängler zurückkam, durfte Celibidache als Gast weiter dirigieren.
Der junge Hitzkopf Sergiu Celibidache | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dann starb Furtwängler, und Celibidache machte sich Hoffnungen. Er hatte das Orchester mittlerweile über 400 Mal dirigiert, und es waren beglückende Konzerte gewesen – jetzt würde ER der Chef werden. Allerdings verkannte er die Lage. Die Musiker hatten einen Hass entwickelt gegen seine pedantische Probenarbeit. Dass der streitlustige Celibidache immer öfter auch gefordert hatte, die Querulanten aus dem – Zitat – "Provinz-Orchester" zu entlassen, kam hinzu. Sie stimmten gegen ihn, Karajan wurde neuer Chef, und Celibidache war schwer beleidigt.
Vier Jahrzehnte Funkstille. Bis Bundespräsident Weizsäcker ihn am 31. März 1992 für ein Benefizkonzert anfragte. Celibidache, milde geworden, war glücklich, das Orchester war verjüngt, das Konzert war ein später Triumph. Immerhin.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Celibidache in rehearsal with the Berliner Philharmoniker
Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.