München, 16. Februar 2005. Der Dirigent Marcello Viotti stirbt im Alter von nur 50 Jahren. Er war Gast an den bedeutendsten Opernhäusern der Welt, in Wien, Berlin, München, Brüssel, Paris, Mailand, New York, San Francisco. Sechs Jahre lang leitete er das Münchner Rundfunkorchesters. Und er war ein uneitler Maestro, der sich in der Rolle des "Briefträgers" zwischen Komponist und Publikum sah. Wer Marcello Viotti mit italienischen oder französischen Opern erleben durfte, dem bleiben unvergessliche Opernabende in Erinnerung. Musikantisch, mit unverstellter Freude am wirbelnden Orchesterbrio.
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Die Sänger trug er auf Händen, sicher auch deshalb so fürsorglich, weil er selbst in Lausanne neben Klavier und Violoncello auch Gesang studiert hatte. Seine große Liebe galt der französischen Oper des 19. Jahrhunderts, der er sich nicht nur als berufener Dirigent, sondern ebenso als Forscher und Herausgeber widmete. Gerade in der französischen Musik offenbarte Viotti sein Gespür für wunderbar abgetönte orchestrale Klangfarben und weite Spannungsbögen.
Dass er Debussys "Pelléas et Mélisande" besonders liebte, diese Oper ein Spiegelbild seiner selbst nannte, sagt viel über diesen kultivierten, nachdenklichen, feingeistigen und belesenen Künstler, auf dessen Nachttisch immer ein Gedichtband lag. Bei aller Lebensfreude und Offenheit und ungeachtet seiner Lust am musikalischen Witz war Marcello Viotti letztlich wohl doch ein eher introvertierter Mensch, der nie aufhörte, darüber nachzudenken, was er als Dirigent eigentlich tat.
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Da ich nicht Komponist bin, bin ich nur der 'Briefträger'. Und in einem Brief stecken so viele geheimnisvolle Sachen, so viel Poesie. Man kann stolz sein, diesen Beruf auszuüben.
Die Konzertreihe "Paradisi Gloria", die er als Künstlerischer Leiter des Münchner Rundfunkorchesters ins Leben rief, bleibt für immer mit seinem Namen verbunden. Die Reihe ist vor allem der geistlichen Musik des Zwanzigsten Jahrhunderts gewidmet. Viotti verlieh den Konzerten ein eigenes, unverwechselbares Profil, zweifellos auch aus einer tiefen Spiritualität und Gläubigkeit heraus.
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Wagner: Tannhäuser - Overture - Saarbrücken Radio Symphony Orchestra/Viotti (1995)
Bei Proben zur Aufführung von Jules Massenets "Manon" in München 2005 erlitt Marcello Viotti plötzlich einen Schlaganfall. Er lag im Koma und verstarb am 16. Februar 2005. In Erinnerung bleibt Marcello Viotti als völlig uneitler, immer freundlicher, hochsensibler Mensch. Und als großer Künstler.
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Sendung: "Allegro" am 16. Februar 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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