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Saisoneröffnung Mailänder Scala mit "Attila" Skandale von 1904 bis heute

Am 7. Dezember eröffnete die Mailänder Scala ihre Saison mit einer Neuinszenierung von Verdis "Attila". Dem Regisseur Davide Livermore wurde vorab Blasphemie vorgeworfen, weil in einer Szene eine Marienstatue zerstört wird. Das berühmteste Opernhaus Italiens hatte damit wieder einmal einen Skandal zu melden.

Mailänder Scala von Außen | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Scala-Intendant Alexander Pereira hat einen Brief von Giosue Berbenni, dem Bürgermeister der lombardischen Gemeinde Cenate Sotto, erhalten. Darin fordert dieser, die "blasphemische Szene" zu streichen. Das schrieb "Die Presse" Anfang Dezember. Berbenni bezog sich darauf, dass in einer Bordell-Kulisse eine Marienstatue wütend zu Boden geworfen wird. "Als Gläubiger und als Musiker fordere ich, dass diese blasphemische Szene gestrichen wird, die weder die Scala, noch Verdi, noch ganz Italien verdienen", steht in dem Brief.

Kritik von Umweltschützern

Außerdem warfen Umweltschützer dem Regisseur vor, dass er in der Inszenierung an zwei Stellen lebende Pferde auf die Bühne holt. Livermore wehrte sich dagegen und stellt klar, dass sein Team die Tiere respektiere und ihnen keinerlei Leid antäte: "Wir verwenden nur Pferde, die gewöhnt sind, an solchen Aufführungen teilzunehmen."

Hier können Sie die Eröffnungspremiere von Verdis "Attila" an der Mailänder Scala anhören.

Die Macht des Publikums

Publikum in der Mailänder Scala am 8. Dezember 2014 | Bildquelle: © picture alliance / dpa / Brescia Amisano Bildquelle: © picture alliance / dpa / Brescia Amisano In der Geschichte der Mailänder Scala gab es immer wieder kleinere oder größere Skandale. Dabei spielt oft das Publikum eine große Rolle. Denn was gefällt und was nicht, das entscheiden die Besucher auf den roten Klappstühlen: mit Gebrüll, Pfiffen oder Applaus. Und dabei ging oder geht es nie darum, wie berühmt ein Künstler ist, der auf der Bühne erscheint. Die Liste der Stars, die hier einen katastrophalen Abend überstehen mussten, ist lang.

Keine Gnade für Puccinis "Madame Butterfly"

"Grunzen, Dröhnen, Brüllen, Lachen, Kreischen, Schreien - das war in Zusammenfassung die Aufnahme, die das Publikum dem neuen Werk von Giacomo Puccini bereitet hat. Nach diesem Höllenlärm, in dem man so gut wie nichts hören konnte, verließ das Publikum das Theater seelenvergnügt! Im Foyer des Theaters rieben sich viele die Hände mit den Worten: consummatum est, parce sepulto!" So beschrieb der Verleger Giulio Ricordi im Jahr 1904 die katastrophale Uraufführung von "Madama Butterfly" im Teatro alla Scala. Puccini traf das Fiasko völlig unerwartet, selten war er so siegessicher gewesen wie vor dieser Premiere. Und den langfristigen Welterfolg seiner "Lieblingsoper" konnte ja auch das launenhafte Mailänder Publikum nicht verhindern.

Fiasko für Mirella Freni

In der Inszenierung Franco Zeffirellis singt die junge Mirella Freni 1964 unter Herbert von Karajan ihre erste Violetta. Der Abend wird zum Fiasko, das Publikum empfängt die Sängerin mit einem gellenden Pfeifkonzert. Ihr einziger Fehler: Sie ist die direkte Rollennachfolgerin der "göttlichen" Maria Callas, deren Interpretation acht Jahre zuvor in Viscontis Traviata-Produktion als legendär gilt. Die sogenannten "vedovi della Callas" (Witwer der Callas) dulden lange Zeit keine Nachfolgerin.  

Renée Flemmings schlimmstes Bühnenerlebnis

Reneé Fleming | Bildquelle: Andrew Ecceles /Decca Bildquelle: Andrew Ecceles /Decca Bei der Premiere von Donizettis "Lucrezia Borgia" wird Renée Fleming 1998 in der Titelrolle von den gefürchteten "loggionisti" gnadenlos ausgebuht, während das Publikum im Parkett applaudiert. In ihrer Autobiographie beschreibt die amerikanische Sopranistin diesen Abend als das schlimmste Bühnenerlebnis ihrer Karriere. Offenbar setzen die Ereignisse auch dem Dirigenten Gianluigi Gelmetti zu, denn er wird an diesem Abend zweimal ohnmächtig.

Sturm der Entrüstung für Riccardo Muti

Sogar Riccardo Muti bleibt - im Jahr 2000 - vor Unmutsäußerungen nicht verschont, als er in philologischem Eifer dem Publikum liebgewonnene Traditionen verweigert. In Verdis Trovatore streicht er das (nicht partiturgetreue) hohe C am Ende von Manricos berühmter Stretta "Di quella pira", wofür er und Tenor Salvatore Licitra einen Sturm der Entrüstung ernten.

Radames Roberto Alagna ergreift die Flucht

Bei der zweiten Vorstellung der Saison-Eröffnungsproduktion von 2006 - Verdis "Aida" in der Inszenierung von Franco Zeffirelli - wird Radames Roberto Alagna nach der Arie "Celeste Aida" ausgebuht. Er zeigt dem Publikum die Faust, geht von der Bühne und verlässt das Theater: ein selbst in der Geschichte der Scala bislang einzigartiger Skandal. Im Anschluss behauptet der Tenor, er sei vor Vorstellungsbeginn hinter der Bühne bedroht worden und die Störungen des Publikums hätten bereits vor der Arie eingesetzt. Alagna verklagt das Theater, das nach dem Vorfall die komplette Aufführungsserie umbesetzt.

Premierenkritik zur Saisoneröffnung in der Piazza am 8. Dezember 2018.

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