Knapp 9.000 Besucher machten es sich am Samstag auf dem Münchner Marstallplatz gemütlich. Unter ihnen: eingefleischte Opernfans, junge Klassikliebhaber und neugierige Einsteiger. Die Ausrüstung: Bunte Decken, Sitzkissen und Picknickkörbe.
Bildquelle: Wilfried Hösl
Schwarze, blaue und gelbe Luftballons schmücken die Open Air Bühne und begrüßen das Publikum auf dem Münchner Marstallplatz. Bereits eine Stunde vor Beginn des Festspielkonzerts "Oper für alle" ist der Platz voller Menschen, die es sich auf Decken und Kissen gemütlich gemacht haben. Blaue Linien auf dem Boden markieren, wo man sitzen darf. Wer einen Platz in der Nähe der Bühne ergattern will, muss sich gut organisieren. "Wir waren um halb sechs da", erzählt eine Frau. "Man muss schon zeitig kommen, das wissen wir schon vom letzten Jahr. Und wir haben was zum Knabbern und zum Trinken dabei." Mit Picknickkorb, einem Buch oder Kartenspiel überbrücken die Leute die Wartezeit bis halb neun. Dann ist der Marstallplatz wirklich rappelvoll: Die blauen Bodenmarkierungen werden längst ignoriert, jeder will sich zumindest noch einen Stehplatz erkämpfen. Zum Konzertbeginn ist der Platz so voller Menschen, dass viele nichts mehr von der Bühne sehen können.
Das Publikum beim Festspielkonzert "Oper für alle" unterscheidet sich von dem einer normalen Opernvorstellung. | Bildquelle: Wilfried Hösl Viele auf dem Platz sind auffallend jung: "Mit Opern habe ich bisher noch nicht so die Berührung gehabt", erzählt ein Besucher. "Deswegen wollte ich hier mal dabei sein. Die Location ist sehr schön, es ist nicht so blasiert wie im Opernhaus. Das kommt mir sehr entgegen." Aber auch einige ältere Opernliebhaber befinden sich im Publikum. Eine Dame freut sich über den Ansturm der Jugend: "Es heißt doch immer, die Jungen haben kein Interesse, null Bock und so. Ja, gucken Sie mal da rein, mehr geht doch gar nicht. Wir paar Alte, die wir da rumrutschen, fällt doch gar nicht auf. Alles jung, find ich toll!"
Es ist nicht so blasiert wie im Opernhaus, das kommt mir sehr entgegen.
Es ist ein lauer Abend. Kein Wölkchen ist am strahlend blauen Himmel zu sehen. Und auch die Windrichtung stimmt, wie eine Besucherin lachend feststellt und Richtung Bühne zeigt: "Der Wind kommt von da, also wird uns wahrscheinlich der Wagner um die Ohren fliegen!" Die Akustik kann freilich mit der eines Konzertsaals nicht mithalten. Die Musik wird über Lautsprecher verstärkt, der Orchesterklang ist zuweilen etwas blechern. Die Atmosphäre auf dem Marstallplatz leidet jedoch nicht darunter. Eröffnet wird das Festspielkonzert vom ATTACCA-Jugendorchester - mit Wagners "Rienzi"-Ouvertüre. Die jungen Musiker tragen alle schwarze T-Shirts mit dem "Oper für alle"-Logo: einem Sichelmond. "Die Stimmung ist wie auf einem Festival - nur mit klassischer Musik", freut sich eine Orchestermusikerin. Sie empfinde es als sehr angenehm, dass das Publikum so entspannt sei. "Für uns auf der Bühne ist das auch ein schönes Gefühl, weil wir merken, dass die Leute Spaß dabei haben."
Der slowakische Tenor Pavol Breslik singt Arien von Gounod, Bizet, Verdi und Donizetti. | Bildquelle: Wilfried Hösl Später dirigiert Bertrand de Billy das Bayerische Staasorchester. Star des Abends ist der slowakische Tenor Pavol Breslik. Er singt französische und italienische Opernarien von Charles Gounod, George Bizet, Amilcare Ponchielli, Giuseppe Verdi und Gaetano Donizetti. Für Pavol Breslik ist der Auftritt auf der Open air-Bühne etwas Ungewohntes. Die Akustik ist völlig anders als in der Oper. Dort würde der Klang seiner Stimme stets zu ihm zurückgeworfen, so dass er schnell die Stimme regulieren könne, erklärt Breslik. Mit dem Mikrofon sei das viel schwieriger. "Ich war wahnsinnig gestresst", erzählt er nach dem Auftritt. "Ich dachte, hoffentlich wird das gut klappen, kein Regen kommen und nicht zu heiß sein. Es war sehr aufregend. Aber ich bin froh, dass ich das gemacht habe."
Dass die Menschen sitzen, liegen und stehen und die schöne Musik genießen, das ist das Wichtigste.
Zwei Stunden dauert das Konzertprogramm. Vom Himmel leuchtet der Sichelmond, der Marstall ist in warmes gelbes Licht getaucht. Als das Bayerische Staatsorchester dann - ohne Dirigent - Ravels populären "Bolero" spielt, hält es die Leute vor Begeisterung nicht mehr auf ihrer Picknickdecke. Ihre geplante Zugabe müssen Pavol Breslik und das Orchester sogar noch einmal wiederholen. Dazu schweben die bunten Luftballons von der Bühne gen Himmel.
Samstag, 9. Juli 2016
Festspiel-Konzert auf dem Marstallplatz
Sonntag, 31. Juli 2016 - VERSCHOBEN auf Herbst
Audiovisuelle Live-Übertragung von Richard Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg" auf dem Max-Joseph-Platz
Die Veranstaltungen von "Oper für alle" sind kostenlos.
Alle Informationen zu "Oper für alle" finden Sie hier.