Man sieht sie nicht, aber sie kann über Erfolg und Misserfolg eines Opernabends entscheiden: Susanne Thormann-Metzner ist Souffleuse an der Bayerischen Staatsoper. Hier erzählt sie von ihrem Beruf.
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Dieser Beruf bietet viel mehr Macht, als man es sich vorstellen kann - gerade, wenn der Dirigent sehr beschäftigt ist mit dem Orchester. Dann wird man sehr wichtig - und es ist einfach ein schönes Gefühl, wenn man seine Arbeit an dem Abend gut gemacht hat.
Die meisten sind durch Zufall zu dem Beruf gekommen. Es gibt Viele, die ihn sozusagen als Kompromiss ausüben. Wenn man ihn aber aus Überzeugung macht, dann bereitet er auch viel Spaß - durch dieses ständige Geben und Nehmen zwischen den Sängern und uns. Die Sänger schätzen uns wirklich sehr. Man ist dafür da, dass es dem Sänger gut geht, dass er keine Angst hat, wenn er müde, kaputt oder angeschlagen ist - oder vielleicht kurzfristig eingesprungen. Man ist dafür da, dass er sich sicher fühlt und sich auf Dinge konzentrieren kann: auf den Dirigenten, auf den szenischen Ablauf. Und selbst, wenn der Sänger sehr sicher ist: Es kann immer mal passieren, dass er einen Blackout hat oder irgendwie abgelenkt ist. Und in so einem Fall sind wir diejenigen, die eingreifen und ihn auffangen.
Es ist ein ständiges Geben und Nehmen.
Man muss immer zu 200 Prozent präsent sein und darf nie abschalten. Eigentlich dirigiert man als Souffleuse den Abend auch mit: Man gibt Einsätze, manchmal stoppt man die Sänger auch. Und man muss immer genau abgezählt vor dem Einsatz des Sängers da sein. Das ist besonders anstrengend.
Eine Souffleur oder eine Souffleuse ist eine Person, die während einer Aufführung - im Theater oder in der Oper, die Rollen flüsternd mitliest und damit Einsätze signalisiert und den Akteuren über Patzer und Hänger hinweghilft. In der Oper hat der Souffleur noch weit mehr Verantwortung als im Sprechtheater, da zu seinen Aufgaben auch das Mit-Dirigieren zählt. Zudem muss der Souffleur die Textanfänge der musikalischen Phrasen zeitversetzt soufflieren - und zwar deutlich vor dem Sänger. Gleichzeitig muss er darauf achten, dass er einerseits laut genug ist, dass er vom Sänger gehört wird, aber nicht so laut, dass das Publikum ihn bemerkt. Früher wurde aus einem Kasten heraus souffliert, heute per Funk. Die Sänger tragen dann kleine Kopfhörer im Ohr. Der Wort Souffleur kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie "Einbläser". Ursprünglich war ein Souffleur für den Kirchenchor tätig und zu seinen Aufgaben gehörte auch die Pflege der Blasebälge der Orgel. Im 18. Jahrhundert wanderte der Begriff dann ins Theatervokabular.
Wie es früher war: Souffleuse im Kasten | Bildquelle: picture-alliance/dpa Mir ist eine Situation in Erinnerung, wo es komplett schiefgegangen ist. Auf dem Programm stand Mozarts "La clemenza di Tito", und es gab da einen englischen Sänger, der in einem Rezitativ komplett rausgeflogen ist. Man muss dazu noch sagen, dass es in England keine Souffleure gibt und demzufolge die Situation ungewohnt für ihn war. Er kam einfach nicht mehr rein in den Notentext. Ich habe ihn regelrecht angebrüllt, und der Dirigent spielte auf dem Cembalo die Melodie mit. Alles vergebens - der Sänger schaffte es nicht mehr. Er hat zwar irgendwas gesungen, aber das war bestimmt kein Italienisch.
Insgesamt kann man ganz klar sagen: Es ist ein schöner Beruf. Selbst wenn man nur eine ganz kleine Hilfeleistung vollbracht hat, geht man zufrieden nach Hause. Man denkt zum Beispiel: Diese eine Stelle war zwar kritisch, aber ich hab' sie gerettet und, sozusagen, das Stück gut abgeliefert. Das ist wichtig!