Am 18. Februar hat Alban Bergs Oper "Wozzeck" am Staatstheater Nürnberg in einer Inszenierung von Georg Schmiedleitner Premiere. Der Regisseur verlegt die Handlung in die Jetztzeit. Wozzeck agiert als Durchschnittsbürger, der von der Gesellschaft in den Amoklauf getrieben wird. Es kann jeden treffen, so die Botschaft.
Bildquelle: © Ludwig Olah
Während es immer noch Operninszenierungen gibt, bei denen man relativ statisch aufrecht stehen und zum Publikum singen kann, verlangt Regisseur Georg Schmiedleitner seinen Sängern schauspielerisch sehr viel ab - auch in seiner "Wozzeck"-Inszenierung.. Das liegt nicht nur daran, dass Schmiedleitner aus dem Schauspiel kommt und Opern noch nicht allzu lange inszeniert, sondern auch daran, dass Bergs "Wozzeck" eine Schauspieloper ist. Schließlich beruht sie auf Georg Büchners Schauspiel "Woyzeck". "Das ist wirklich sehr intensiv, was da schauspielerisch passiert", sagt Bariton Jochen Kupfer, der die Rolle des Wozzeck spielt und singt. "Also nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Etwa, wenn man etwa eine gekrümmte Haltung einnimmt, weil man gerade gedemütigt wird, und dann in dieser Haltung noch gesund zu singen, ohne dass man zu pressen anfängt" - ja, das ist in der Tat nicht einfach.
Bühnenbild der Nürnberger "Wozzeck"-Inszenierung | Bildquelle: © Ludwig Olah Hinzu kommt, dass die Gesangspartien beim "Wozzeck" extrem schwer sind und hohe Herausforderungen an die Sänger stellen. Schließlich ist Alban Bergs Oper nicht nur atonal, sondern auch noch hochdifferenziert: Alles hat der Komponist bis ins kleinste Detail vorgegeben. Die Sänger müssen nicht nur singen, sondern auch sprechen, flüstern und schreien - und das auch noch in festgelegten Tonhöhen. Deshalb beschäftigt sich die Sopranistin Katrin Adel auch schon seit einem Jahr mit ihrer Partie von Wozzecks Frau Marie: "Das Spannende an dieser Musik ist: Je öfter man sie hört, desto mehr findet man heraus. Es ist faszinierend, dass Berg jedes Türknarren, jeden Angstschauer, jede Freude und Sorge in Musik gesetzt hat. Das nimmt man vielleicht beim ersten Mal noch nicht so wahr, aber je öfter man es hört - und wir proben es gerade jeden Tag - desto spannender wird es - von Mal zu Mal!"
Wie der Wozzeck für Jochen Kupfer ist auch die Marie für Katrin Adel ein Rollendebüt. Doch bei der Sopranistin kommt noch etwas Besonderes hinzu: Es ist ihre erste Premiere in einer großen Rolle in Nürnberg. Die gebürtige Nürnbergerin, die in Wien Musik studierte und hauptsächlich in Österreich, der Schweiz und Italien engagiert war, ist seit dieser Spielzeit festes Ensemblemitglied am Staatstheater Nürnberg - ein ganz besonderes Heimspiel.
Jeder kann heutzutage zu einem Wozzeck werden.
Die größte Schwierigkeit bei der Interpretation der Marie ist für Katrin Adel nicht die gesangstechnische Herausforderung, sondern die Emotionalität ihrer Rolle. Wenn Marie von Wozzeck in diesem blutigen Familiendrama am Ende erstochen wird, darf sie sich von ihren Gefühlen nicht mitreißen lassen, sondern muss klaren Kopf bewahren. Gut gefällt ihr, dass Regisseur Georg Schmiedleitner das Stück vom frühen 19. Jahrhundert und aus dem Soldatenmilieu heraus ins Hier und Heute verlegt hat. Wozzeck wird zum Reihenhausbesitzer, der seine Hypotheken nicht mehr zahlen kann und dem die anspruchsvolle Frau untreu wird. "Wir haben einen Mittelschichts-Wozzeck, der eine Familie und ein Häuschen hat, der gerade alles noch bezahlen kann, aber dafür auch drei Jobs benötigt", sagt Schmiedleitner. "Er kann sich so eben noch über Wasser halten, wird aber dann von der Gesellschaft gemobbt, ausgestoßen, gejagt und gehetzt. In diesem Moment beginnt dieser Mensch, vollkommen auszurasten; er wird zum Amokläufer und Mörder. Jeder kann heutzutage zu einem Wozzeck werden."
Alban Berg: "Wozzeck"
Oper in drei Akten
Staatstheater Nürnberg
Premiere:
Samstag, 18. Februar 2017, 19.30 Uhr
Weitere Termine:
Dienstag, 21. Februar 2017, 19:30 Uhr
Donnerstag, 02. März 2017, 19:30 Uhr
Montag, 06. März 2017, 19:30 Uhr
Mittwoch, 29. März 2017, 19:30 Uhr
Sonntag, 02. April 2017, 19:00 Uhr