SWEET SPOT.
Neugierig auf Musik
Klassisches Lied beim Rasieren? Und junge Musiker, die bei Gastfamilien einquartiert werden? HIDALGO in München und Eggenfelden klassisch. Zwei junge Festivals mit einer Menge neuer Ideen. SWEET SPOT macht für euch am Ende des Sommers nochmals den Festival-Check.
Bildquelle: ©Maximilian Riemer
Bariton Ludwig Mittelhammer bei der Bartpflege: Noch lässt er sich die Haare am Kinn schick machen. Wenig später verwandelt er dann den Barber Shop in einen Konzertsaal.
Leise schnippt die Barbierschere durch die Luft und stutzt die Barthaare der Münchner Hipster zurecht. Im Hintergrund dudelt dazu kein zufällig eingeschaltetes Popradio. Nein. Hier erklingen Lieder von Schubert, Nikolai Medtner und Hugo Wolf. Sänger und Klavier stehen direkt neben dem Barbierstuhl: Klassisches Lied zum Greifen nah - in einer Umgebung, in der man es kaum erwarten würde. Dieses intime und alternative Konzert im Barber House im Münchner Glockenbachviertel war ein Teil des HIDALGO Festivals, das Anfang September das Kunstlied in andere Locations der Stadt getragen hat: ein Wagnis, auch ein Abenteuer für alle Beteiligten.
Auch im Bahnwärter Thiel, dem Kulturhaus am alten Viehbahnhof, wurden Lieder in die Nacht geschickt. Diesmal von Schumann. Und dazwischen beschossen Poetry-Slamer das Publikum mit allerlei Fragen an Robert, den Romantiker: Ist der denn überhaupt noch populär? Welches Frauenbild wird da vermittelt? Darf Mann oder Frau das heute wirklich noch so singen? Und weil auch musikalisch seit Schumanns Zeiten viel passiert ist, gab es das HIDALGO-Abschlusskonzert im Techno-Tempel Harry Klein: Mit viel Elektro und Vibrato, versteht sich. Kunstlied partytauglich verpackt.
v.l.n.r. Larissa & Anton und ihre Solisten: Lilit Grigoryan (Klavier), Aurélien Pascal (Cello), William Hagen (Violine), Adrien Boisseau (Viola) | Bildquelle: ©Andreas Domjanic Wenn die Sponsoren-Liste gar kein Ende findet, wenn alle Konzerte rappelvoll sind - und wenn die eingeladenen Musiker sogar privat bei Gastfamilien unterkommen, dann ist ein Ort richtig heiß auf ein Klassik-Festival. Und so ist das in Eggenfelden.
Es gab mal eine Zeit, da wollte die Geigerin Larissa Cidlinsky so schnell wie möglich weg von hier, einem Ort, der ihr zu "narrow minded" war. Also ging's zum Studieren nach Salzburg und nach New York. Aber jetzt ist sie zurückgekommen und zeigt ihrem Städtchen wie toll klassische Musik ist. Und sie strahlt, wenn sie erzählt, wie gut diese Idee funktioniert hat, hier, in ihrem Heimatort in Niederbayern ein Festival für klassische Musik auf die Beine zu stellen. Eigentlich stammt die Idee von ihrem Freund, dem Cellisten Anton Sprock, der das Festival mit ihr zusammen leitet. Mitgeholfen bei der perfekten Vernetzung in Eggenfelden hat außerdem der ortsansässige Kulturverein.
Dieses Networking und dieser wunderschöne Kreis von musikbegeisterten Menschen, das ist unsere Festival-Familie.
HIDALGO und Eggenfelden klassisch - zwei ziemlich unterschiedliche Festivals im Check. Mit Reportagen, Interviews und Live-Musik: im Mitschnitt und mit Ludwig Mittelhammer im SWEET SPOT-Studio.
"SWEET SPOT" am 24. September ab 21.05 Uhr - mit Annekatrin Hentschel, Kathi Roeb und Gino Thanner.