Über fünf Generationen hat die Familie Braunfels-Hildebrand bedeutende Persönlichkeiten hervorgebracht, die Maßstäbe in Musik, Kunst, Architektur und Literatur setzten. Bisher gab es nur Monographien und Studien über einige der künstlerisch geprägten Mitglieder der Linien Hildebrands und Braunfels‘. Doch jetzt hat der Journalist Wolfgang Herles eine Biografie über diese schillernde Familie verfasst, in der er aufzeigt, dass alle auf unterschiedliche Weise gegen den Zeitgeist und die Obrigkeit rebellierten.
Bildquelle: Benevento Verlag
Alles beginnt mit dem Kauf eines Klosters durch Adolf Hildebrand 1873 in Florenz. Aus dem damals 26-Jährigen wird einer der bedeutendsten Bildhauer seiner Zeit und noch heute ist diese Residenz in Familienbesitz. Ohne sie wären die nachfolgenden Generationen nicht inspiriert worden, von diesem Ort, von seiner Kunst, seinem Licht, seinem Lebensgefühl. Die größte verbindende Kraft über die Generationen hinweg ist das klassische Ideal der Schönheit.
"So finden in Hildebrand und in seinem Werk die beiden Narrative dieser erstaunlichen Familie zusammen. … Schönheit ist nur ein anderer Begriff für Klarheit – also von Wahrheit. Deshalb ist das Schöne gut. Alternativlos gut. Notfalls muss man dafür kämpfen. Dran glaubt Adolf, der Bildhauer, ebenso wie später Walter, der Komponist, wie Dietrich, der Philosoph und Stephan, der Architekt."
Dieses Buch wird lieben, wer …
... wer sich für den Zusammenhang von Kunst und Gesellschaft interessiert.
Dieses Buch liest man am besten …
… mit Musik von einem der Braunfels'.
Dieses Buch ist wie geschaffen ...
… für alle, die Familiensagas lieben.
Zustande kam die Verbindung der Hildebrands und der Braunfels-Familie durch die Ehe zwischen dem Komponisten Walter Braunfels und Bertel. Sie war eine Tochter Adolf von Hildebrands. Kronprinz Ruprecht von Bayern hat den Bildhauer in den Adelsstand erhoben. Zuvor war Bertel bereits als 15-Jährige mit Wilhelm Furtwängler verlobt. Doch mit neunzehn entscheidet sie sich für den mütterlicherseits mit Louis Spohr verwandten Braunfels.
"Unangepasste Traditionalisten" nennt Autor Wolfgang Herles die herausragenden Mitglieder der Künstlerfamilie Braunfels-Hildebrand, die zweihundert Jahre europäischer Kulturgeschichte widerspiegelt. Viele waren konservativ und zugleich als Künstler unbeugsam vor dem Zeitgeist. Den prominentesten Mitgliedern sind im Buch "Felsen in der Brandung" eigene Kapitel gewidmet. Sie beginnen mit den Gründervätern Bruno Friedrich Hildebrand und Ludwig "Lazarus" Braunfels und enden beim Architekten Stephan Braunfels.
"Architektur, sagt Braunfels, spricht eine andere Sprache als Politik. Er vergleicht sie mit der Sprache der Musik. Damit trifft er das Wesen seiner Baukunst. Die riesigen Gebäude sind nicht einfach konstruiert, sondern auch komponiert. Wie eine Symphonie besitzen sie Rhythmus, Harmonie und Melodie. Hier zeigt sich der Wert der Musik, der alle Mitglieder dieser Künstlerfamilie huldigen. Auch das Werk des Architekten besitzt Musikalität."
Der Autor Wolfgang Herles hat manchmal spekuliert, aber wir erfahren im Plauderton, gespickt mit vielen Zitaten und Äußerungen von Zeitgenossen, auf 328 Seiten viel über die Familie Braunfels-Hildebrand und das gesellschaftliche Umfeld. Allein die illustren Namen der Gäste im Florentiner Familienstammsitz zeugen von den zahlreichen kulturellen und gesellschaftlichen Verflechtungen. So Clara Schumann, Rilke, die Duse, oder Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn und selbst Richard Wagner. In den acht Kapiteln geht es auch um erfolgreiche und gescheiterte Lebensgeschichten, Liebschaften, Freunde, Streitereien und Zerwürfnisse.
Eigenartig ist das Schlusskapitel über den Architekten der Münchner Pinakothek der Moderne Stefan Braunfels. Es liest sich wie eine Abrechnung mit Architektenkollegen und Politikern von Bayern, Berlin und Dresden. Hier klingt vieles nach verletzter Eitelkeit und verkanntem Genie. Insgesamt macht jedoch der Blick auf die Gesellschaft dieser fünf Generationen und hinter die Kulissen des Kunst- und Kulturbetriebs das Buch lesenswert.
Wolfgang Herles:
Felsen in der Brandung
Verlag Benevento
Preis: Hardcover 35,00 €
Sendung: "Piazza" am 29. Oktober 2022 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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