BR-KLASSIK

Der deutsche Weltklasse-Geiger Augustin Hadelich ist gerade 40 geworden, seit 20 Jahren lebt er in New York, seit zehn Jahren hat er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Grund zum Feiern also – und das hat Hadelich mit einer Hommage an seine neue Heimat getan: "American Road Trip".

"Banjo and Fiddle" von William Kroll ist ein echter Ohrwurm, vor allem wenn ihn Augustin Hadelich so lässig hinzupft und sich mit seinem Klavierpartner Orion Weiss die Bälle zuspielt – das macht einfach Spaß. Aber Hadelich hat in sein Album "American Road Trip" keineswegs nur Country Music aufgenommen. In einer Hommage an den legendären Rock-Gitarristen Jimi Hendrix schabt und scratcht Hadelich am Steg, dass es einem physisch weh tut. Das extreme Solo stammt von dem schwarzen Komponisten Daniel Bernard Roumain.

Nie jenseits des guten Geschmacks

Furios, wie Hadelich das hinfetzt. Zur Entspannung gibt’s auf seinem aktuellen Album Hits wie "Somewhere" aus Leonard Bernsteins "West Side Story". Die Kunst von Augustin Hadelich besteht darin, auch in solchen Herzschmerz-Momenten nie die Grenzen des guten Geschmacks zu überschreiten – dafür ist sein Ton viel zu edel.

Mit Plektron auf der Stradivari

Schon immer hat sich Hadelich auch für zeitgenössische Klassik interessiert. So führt ihn sein "American Road Trip" diesmal zum Komponisten Stephen Hartke, der sich in seiner avantgardistischen Suite "Netsuke" von den gleichnamigen geschnitzten Figürchen aus Japan inspirieren ließ. Mit einem Gitarren-Plektron imitiert Hadelich auf seiner Stradivari die japanische Langhalslaute Shamisen, Orion Weiss traktiert das Innere des Flügels dazu mit einem Holzhammer – ein krasser Effekt.

Fahrt auf den amerikanischen Highways

Abenteuerlich wird‘s beim Minimalisten John Adams, wenn er in "Road Movies" den Drive einer Autofahrt auf den amerikanischen Highways entfesselt. Bei den rhythmisch vertrackten Patterns von Adams kann man leicht aus der Spur geraten – bei Hadelichs Virtuosität besteht da keine Gefahr.

"American Road Trip" ist ein cooles Album geworden, klug zusammengestellt und atemberaubend musiziert von Augustin Hadelich und Orion Weiss. Mit dem Rodeo-Stück "Hoe-Down" von Aaron Copland geht’s ab in den Wilden Westen – der perfekte Rausschmeißer!

Sendung: "Piazza" am 17. August 2024 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK