"Ich bin in mir vergnügt" - Die neue Bach-CD von Masaaki Suzuki vollendet nun auch seine Gesamteinspielung der weltlichen Kantaten. Zudem zeigt sie, wie frisch, modern und voller Schwung historische Aufführungspraxis klingen kann.
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Der CD-Tipp zum Nachhören
Was ist Glück? Worin besteht sein Geheimnis? Und vor allem: Wo und wie ist es zu finden? Fragen, die den Menschen beschäftigen, seitdem er über sich selbst nachdenkt. Ziemlich lange also. Und mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Auf der Suche nach einer persönlichen Antwort empfiehlt sich nicht nur Lektüre jeder Art, sondern auch ein offenes Ohr: Musik ist ganz oft ein direkter Weg zum Glück. Vor allem die von Johann Sebastian Bach, die immer wieder neue Anregungen und Ideen bereit hält.
Bereits im Titel seiner Kantate BWV 204 liegt ein probater Lösungsvorschlag für die menschliche Glückssuche: "Ich bin in mir vergnügt" ist eine Solo-Kantate für Sopran. Warum entstand sie, wer war der Auftraggeber? Hat Bach die Kantate vielleicht für den eigenen Hausgebrauch, für seine Frau Anna Magdalena als Solistin komponiert? Wir wissen es nicht. Der Text jedenfalls empfiehlt in barocker Manier die Hinwendung des Einzelnen zum eigenen Inneren, die Wertschätzung auch kleiner Dinge und eine Philosophie, die stets ein Glas halb voll und nicht halb leer sieht.
Der äußerst verdiente Masaaki Suzuki hat zusammen mit seinem Bach Collegium Japan und der exquisiten Sopranistin Carolyn Sampson nun Bachs Kantate über die innere Zufriedenheit neu eingespielt. Gerade für Hörer, die sich mit allzu puristischer historischer Aufführungspraxis nicht anfreunden können, sind Suzukis Bach-Interpretationen stets die richtige Wahl. Der Dirigent verfolgt nämlich statt ziselierter Phrasierungsästhetik eher das Ideal eines pastosen, satten Klangs: Musiziert wird dabei stilistisch immer korrekt, aber eben äußerst lebendig, bunt, farbenreich und niemals akademisch trocken. Vor allem die hervorragenden Instrumentalisten bescheren in den virtuosen Solopartien als Partner der Sopranistin großes Hörvergnügen.
Wunderbare Musik also, und dazu wirkungsvolle Gratis-Tipps für den eigenen Seelenfrieden - was will man mehr? Denn wie heißt es doch im Kantatentext: "In sich selber muss man finden Perlen der Zufriedenheit!"
Kombiniert hat Masaaki Suzuki Bachs musikalische Glücks-Empfehlung mit einer weiteren seiner weltlichen Kantaten: "Angenehmes Wiederau" heißt das prachtvoll klingende Kuriosum. Es feiert den neuen Chef auf einem Gut bei Leipzig, heißt ihn willkommen und versichert ihn der Solidarität seiner zukünftigen Mitarbeiter. Eine festlich-barocke Form des Einstandes also. Könnte man dergleichen nicht auch in unserer modernen Arbeitswelt wieder einführen?
"Ich bin in mir vergnügt" BWV 204, "Angenehmes Wiederau" BWV 30a
Carolyn Sampson (Sopran), Robin Blaze (Counter-Tenor), Makoto Sakurado (Tenor), Dominik Wörner (Bass)
Bach Collegium Japan, Leitung Masaaki Suzuki
Label: BIS
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 23. September 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK