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Album der Woche – Joana Mallwitz dirigiert Werke von Kurt Weill

Mit 27 Jahren wurde sie 2014 in Erfurt die jüngste Generalmusikdirektorin Europas. Und der Erfolg blieb Joana Mallwitz treu. Nach der ersten Chefposition und Gastdirigaten u.a. in Zürich, Hamburg und Kopenhagen ging sie 2018 als Chefin zur Staatsphilharmonie Nürnberg, leitete dort an der Staatsoper herausragende Premieren. Seit 2023 ist Mallwitz Chefdirigentin und künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin. Mit dem hat sie jetzt ihr Debüt-Album vorgelegt, mit alles andere als alltäglichem Repertoire: den beiden Symphonien von Kurt Weill und dessen Ballett "Die sieben Todsünden".

Bildquelle: Deutsche Grammophon

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Unsterblich wurde Kurt Weill durch die "Dreigroschenoper", die er 1928 mit Bert Brecht auf die Bühne brachte. Es war der Auftakt einer erfolgreichen Zusammenarbeit, der noch zwei Opern und – bereits im Pariser Exil – das "ballet chanté" mit dem Titel "Die sieben Todsünden" folgten. Danach war Schluss. Weill emigriert in die USA, Brecht zunächst nach Dänemark. Nach den "Sieben Todsünden", noch einmal ein Wurf, fand Weill die Libretti und Texte für seine zahllosen Opern, Operetten, Musicals und Songs bei amerikanischen Autoren.

Musik eines Suchenden

Als Komponist absoluter, also instrumentaler Musik ohne Programm, ist Kurt Weill kaum hervorgetreten. Mit zwanzig Jahren schreibt er seine Erste Symphonie, die erst nach seinem Tod entdeckt und uraufgeführt wird. Musik eines sehr jungen Mannes, expressionistisch, oft dissonant, emotional, voller, oft ungeordnet wirkender Ideen, grell, dann wieder stark abgedunkelt – Musik eines Suchenden, der sich ganz offen dazu bekennt, nicht am Ende seiner Suche angelangt zu sein. Gerade deshalb eine Verheißung.

Musikalische Momentaufnahme der zwanziger Jahre in Deutschland

1933 folgt die Zweite Symphonie, in Berlin begonnen, in Paris vollendet. Die ist ein echter Wurf. Kein Geringerer als der große Dirigent Bruno Walter schätzte das dreisätzige Werk, hob es mit dem Amsterdamer Concertgebouw Orkest aus der Taufe und dirigierte es später in Wien und New York. Die zeitliche Nähe zum Ballett "Die Sieben Todsünden" hallt vor allem in den Ecksätzen nach. Eine musikalische Momentaufnahme der wilden zwanziger Jahre in Deutschland, wütend, voller Schärfe und Aggressivität, im langsamen Mittelsatz aber auch von geheimnisvoller, melancholischer Schönheit. Wunderbare Melodien gehen unvermittelt in einen unerbittlichen Trauermarsch über. Dieses Largo ist geprägt von Weills Erschütterung angesichts der politischen Entwicklung in der deutschen Heimat.

Lust an der Scheinheiligkeit dieser Welt

Kurt Weills Musik ist Joana Mallwitz hörbar ein Anliegen. Seit letztem Herbst ist sie Chefdirigentin des Konzerthausorchesters Berlin. Mit ihm liefert Mallwitz eine exquisite, differenzierte wie kompromisslose Deutung der beiden Symphonien. Und genauso schlüssig klingen "Die sieben Todsünden" mit der Brecht- wie Musical-erfahrenen Schauspielerin und Sängerin Katharine Mehrling als Anna. Diese ebenso zeitlose wie bitterböse Abrechnung mit dem Kapitalismus servieren Mallwitz und Mehrling im Verein mit einem exzellenten Männerquartett mit süffiger, aber eben auch abgründiger Lust an der Scheinheiligkeit dieser Welt. Einfach großartig.

Infos zur CD

Kurt Weill:
Symphonie Nr. 1 "Berliner Symphonie"
Symphonie Nr. 2 "Fantaisie symphonique"
"Die sieben Todsünden"

Katharine Mehrling, Michael Porter, Simon Bode, Michael Nagl, Oliver Zwarg
Konzerthausorchester Berlin
Leitung: Joana Mallwitz

Label: Deutsche Grammophon


Sendung: "Allegro" am 05. August 2024 ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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