Kirgisistan in Zentralasien ist ein Land mit wilder, beeindruckend schöner Natur, mit Hochgebirge und weiter Steppe. Von dort stammt Katharina Konradi. Sie ist die erste kirgisische Sopranistin mit internationaler Konzert- und Opernkarriere. Soeben hat die 35-Jährige ihr neues Album veröffentlicht. Der Titel: Solitude – Einsamkeit. Gemeinsam mit dem Cosmos Quartet aus Barcelona hat sie es aufgenommen.
Bildquelle: Berlin Classics
Der CD-Tipp zum Anhören
Ein sehr besonderes und schönes Album, das die Sopranistin Katharina Konradi und das Cosmos Quartet jetzt vorgelegt haben. In 29 oft sehr kurzen Liedern umkreist es unter dem Titel "Solitude" das Phänomen der Einsamkeit. Die Perspektiven sind dabei ebenso unterschiedlich wie der Zuschnitt der Lieder. Die Fragmente für Stimme solo des zeitgenössischen ungarischen Komponisten György Kurtág dauern meist nur Sekunden. Konradi schiebt sie zwischen Lieder von Hugo Wolf, Robert und Clara Schumann, von Schubert oder dem Spanier Eduard Toldrà. Sie alle erklingen allerdings nicht in der gängigen Fassung für Sopran und Klavier, sondern in atmosphärisch schönen Bearbeitungen für Streichquartett, meist aus der Feder des vor wenigen Wochen verstorbenen Aribert Reimann.
All das, ergänzt von zwei englischen Liedern und einem Chanson von Jacques Brel, formt sich gedanklich wie musikalisch schlüssig zu einem gut einstündigen, pausenlos dahinfließenden Strom. Als eine "Reise durch verschiedene Stimmungen" versteht Konradi ihr Album, was zutrifft. Zugleich durchzieht die gesamte Stunde ein Gefühl tiefer Melancholie, die Atmosphäre unendlicher Verlassenheit. Eintönig wird das gleichwohl nie. Dafür sind Konradis wunderbar differenzierte Stimmschattierungen, die Schönheit und Wandelbarkeit ihres Soprans ebenso verantwortlich wie das hochsensibel begleitende Cosmos Quartet.
Ein konzeptionell wie in der Umsetzung rundum überzeugendes Album. Einziger Wermutstropfen: Zumindest die fremdsprachigen Texte würde man gerne beim Hören mitverfolgen. Leider ist im Booklet nicht ein einziger abgedruckt, weder im Original noch auf Deutsch. Wer das Album richtig genießen möchte, muss Deutsch, Ungarisch, Englisch, Französisch und Katalanisch beherrschen – oder sich mühsam auf Textsuche begeben. Alle anderen sollten sich im Wissen, dass es irgendwie stets um Einsamkeit oder unerwiderte Liebe geht, vom atmosphärisch dichten Strom treiben lassen. Ein wenig schade, denn bei einem solchen Konzept-Album spielt die vertonte Lyrik eine maßgebliche Rolle.
Katharina Konradi – "Solitude"
Lieder von Hugo Wolf, Clara und Robert Schumann, György Kurtág, Franz Schubert, Jacques Brel u.a.
Katharina Konradi (Sopran)
Cosmos Quartet
Label: Berlin Classics
Sendung: "Piazza" am 27. April 2024 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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