BR-KLASSIK

Inhalt

Album der Woche – Maria Herz Orchesterwerke

"Alleinerziehend, jüdisch, weiblich": So ist das biografische Kapitel im Booklet zu einem aktuellen Album überschrieben, das Orchestermusik von Maria Herz vorstellt – die war in den 1920-er und 30-er Jahren eine vielbeachtete Komponistin. Für das Label Capriccio hat das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin jetzt zum ersten Mal Symphonik von Maria Herz eingespielt, dirigiert von Christiane Silber.

CD-Cover: Orchesterwerke von Maria Herz | Bildquelle: Capriccio

Bildquelle: Capriccio

Den CD-Tipp anhören

Kraftvoll meißelt Oliver Triendl mächtige Kaskaden in die Tasten. Wie kein Zweiter macht sich der Pianist für unbekanntes Repertoire stark – diesmal hat Triendl das spätromantisch aufrauschende Klavierkonzert von Maria Herz ausgegraben. Mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und der Dirigentin Christiane Silber hat er ideale Partner gefunden, um der vergessenen Komponistin endlich eine Stimme zu geben. Und die Stimme der Maria Herz kann auch lyrisch, empfindsam und graziös klingen, wie Triendl und Silber zeigen.

Ihre produktivsten Jahre waren die Zwischenkriegszeit

Im Cellokonzert bekennt sich die Komponistin auch zu ihren jüdischen Wurzeln, wenn die Solistin Konstanze von Gutzeit nach einem düsteren Klagegesang in einen tänzerischen Tonfall verfällt. Wie Schostakowitsch hat Maria Herz hier jüdische Volksmusik aufgegriffen.  Da spiegelt sich auch das Schicksal der Maria Herz, geboren 1878 in Köln, wo sie umfassend Musik studiert. Ihren Mann, dem sie in England vier Kinder gebiert, verliert sie früh an die Spanische Grippe. Als Komponistin erlebt die alleinerziehende Mutter in der Zwischenkriegszeit ihre produktivsten Jahre. In ihren Orchesterstücken probiert sie verschiedene Stile und Formen aus, zum Beispiel den Neoklassizismus.

Ein starkes Plädoyer für die hochexpressive Musik

Der Nationalsozialismus macht dann alles zunichte, bringt auch die Komponistin Maria Herz zum Verstummen. In England überlebt sie den Zweiten Weltkrieg, 1950 stirbt sie im New Yorker Exil. Ihren Schmerz hat sie ihrer Musik einkomponiert – nah an Gustav Mahler. Christiane Silber und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin ist ein starkes Plädoyer für die hochexpressive Musik von Maria Herz gelungen. Da wird eine eigene Stimme hörbar, getragen von großem Ernst und einem unbändigen Ausdruckswillen, den nichts aufhalten kann.

Infos zur CD

Maria Herz:
Klavierkonzert op. 4
Vier kurze Orchesterstücke op. 8
Cellokonzert op. 10
Orchestersuite op. 13

Oliver Triendl (Klavier)
Konstanze von Gutzeit (Violoncello)
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Christiane Silber (Leitung)

Label: Capriccio

Sendung: "Piazza" am 01. Juni 2024 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (0)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.
Zu diesem Inhalt gibt es noch keine Kommentare.

Mehr zum Thema

Neu bei BR-KLASSIK

    AV-Player