Zwischen Bach und Synthesizer: Der Pianist Francesco Tristano hat eine Affinität zur Techno-Musik. Die darf er jetzt mit den Bamberger Symphonikern ausleben – im Konzert "Club Symphony: Technophonic" am 30. April.
Bildquelle: francescotristano.com
BR-KLASSIK: Herr Tristano, Ihr Konzert in Bamberg heißt "Club Symphony: Technophonic". Was passiert da?
Francesco Tristano: "Technophonic" ist ein Neologismus aus "Techno" und der "Symphonie". Das heißt, wir kreieren eine Symbiose zwischen der elektronischen Musik und der orchestralen symphonischen Musik. Das Konzept habe ich mir mit unserem Dirigenten Jian Eming ausgedacht. Die Idee ist, das Publikum auf eine Klangreise mitzunehmen, von Bach bis zu elektronischer Tanzmusik.
BR-KLASSIK: Das heißt, der Bach klingt noch ganz klassisch?
Francesco Tristano: Was heißt klassisch? Für mich ist Bach absolut rhythmische Musik. Auch diese Groove-Elemente, die das Konzert später im Programm prägen, werden schon in Bachs Musik hörbar. Wer Bach sagt, sagt auch Basso continuo. Und wer Basso continuo sagt, sagt auch Kick-Drum oder elektronische Beats.
Für mich ist Bach absolut rhythmische Musik.
BR-KLASSIK: Sie sitzen am Klavier, die Bamberger Symphoniker sind auf der Bühne, es gibt einen Dirigenten. Wie kommen dann die Beats ins Spiel?
Francesco Tristano: Ich steuere vom Klavier aus einige Controller mit meinem Laptop und spiele Synthesizer live. Auch unser Dirigent spielt Synthesizer. Wir beginnen mit Klavier und Streichern und dann kommen immer mehr Elemente dazu. Erst ein paar Synthesizer, dann ein paar Beats. Wir beenden das Programm mit einem Klassiker aus der Detroit-Techno-Szene. Der Song heißt "Strings of Life" von Derrick May. Das war Ende der 1980er ein Hit, den auch viele Leute im Ohr haben, obwohl sie ihn nicht vom Namen her kennen.
Der Pianist und Komponist Francesco Tristano ist am 30. April 2025 zu Gast bei den Bamberger Symphonikern. "Club Symphony: Technophonic" bringt Technoklänge in den Konzertsaal. Weitere Infos hier.
BR-KLASSIK: In einem Musikvideo sitzen Sie an einem einfachen Tisch, schreiben mit dem Bleistift Noten aufs Papier. Der Wind weht herein, eine Tasse Tee steht daneben. Es sieht fast asketisch analog aus. Sie sehen im Video nicht gerade aus wie ein Technik-Freak ...
Francesco Tristano: Bin ich auch nicht. Ich bin Musiker, kein Techniker. Wenn es um Verkabelung und Mischpulte geht, dann lasse ich das lieber die professionellen Techniker machen, weil ich darin nicht so gut bin. Was mich allerdings sehr fasziniert, sind die Synthesizer, also die Keyboards. Der Synthesizer ist für mich die Weiterentwicklung der Orgel. Mich fasziniert es, diese Klangwelten zu verbinden und elektronische Instrumente und deren Vorfahren, die akustischen Instrumente, zusammenklingen zu lassen.
Wenn die klassische Musik zu einer Art Rollenspiel der Vergangenheit wird, interessiert mich das nicht so.
BR-KLASSIK: Sie spielen sehr viele eigene Werke. Langweilt Sie der reine Repertoire-Betrieb in der Klassik, bei dem Pianisten auf die Bühne gehen und Stücke aus verschiedenen Jahrhunderten spielen?
Francesco Tristano: Es ist nicht so, dass es mich langweilt. Aber Sie haben recht, ich will Komponist und Interpret einfach nicht trennen. Warum ist es so, dass man heutzutage wählen muss? Wenn die klassische Musik zu einer Art Rollenspiel der Vergangenheit wird, interessiert mich das nicht so. Es ist interessanter, die zeitgenössische Musik zu erleben und da mitzumachen. Deshalb auch das neue Repertoire für die elektronischen Instrumente.
Sendung: "Leporello" am 29. April 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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