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Album der Woche – Bayreuther Festspiele 1955 "Siegfried"

Gesangslegenden wie Martha Mödl, Wolfgang Windgassen und Hans Hotter gefällig? Das CD-Label hänssler Profil setzt seine Edition historischer Aufnahmen von den Richard-Wagner-Festspielen fort: Vom 12. August 1955 stammt der gerade veröffentlichte Bayreuther "Siegfried". Joseph Keilberth dirigiert.

CD-Cover "Siegfried", Bayreuther Festspiele 1955 | Bildquelle: Edition hänssler Profil

Bildquelle: Edition hänssler Profil

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Wenige Aufzüge von Richard Wagners "Ring"-Tetralogie beginnen so euphorisch wie der dritte Aufzug des "Siegfried". Der Dirigent Joseph Keilberth würzt diese Takte mit der richtigen Dosis Drive, ohne zu übertreiben. Mit großer Klarheit modelliert und kontrolliert er den Fluss der Musik. Keilberth stellt einen geschmackvoll ausbalancierten Orchesterklang her: bis hinein in Verästelungen des Stimmengewebes. Nicht jeder Kollege nimmt sich des "Siegfried" so liebevoll an wie er.

Eine von Hans Hotters größten Taten

Im fünften Jahr von "Neu-Bayreuth" (1955) nimmt Hans Hotter Anlauf zu seinen größten Taten: Der markante Bassbariton entfaltet sängerischen Furor auf dem Fundament einer natürlichen Autorität. Das verträgt sich mit der Figur des Göttervaters Wotan auch auf den letzten Metern ihrer Wegstrecke. Hier kommt es schließlich zur Machtübergabe an den furchtlosen Enkel Siegfried. Und der sogenannte "Wanderer" alias Wotan trägt seinen Abgang mit Würde, wenn er so respektheischend und zugleich so sympathisch konturiert wird wie von Hans Hotter.

Eine Empfehlung, nicht nur für eingefleischte Wagnerianer

Der Jubel Siegfrieds bei der Eroberung Brünnhildes auf dem Walkürenfelsen wirkt nicht oft so reflektiert und zugleich so vital wie bei Wolfgang Windgassen. Über weite Strecken zeichnet dieser ungewöhnlich lyrisch anmutende Heldentenor den Jüngling nicht als Haudegen, sondern schwärmerisch – aber nachdenklich. Die Art, wie Brünnhilde vom Mädchen zur Frau heranreift, wie sie sich als zutiefst sinnliches Geschöpf in die Arme ihres Eroberers wirft: Martha Mödl hat das mit einer Intensität gestaltet wie wenige hochdramatische Sopranistinnen vor oder nach ihr. Auch wegen der eindrucksvollen Interpretationen der Nibelungen Mime und Alberich in Gestalt von Paul Kuen und Gustav Neidlinger ist dieses Tondokument ein Juwel – nicht nur für Wagnerianer eine Empfehlung.

Infos zur CD

Richard Wagner:
"Siegfried" (Bayreuther Festspiele 1955)

Martha Mödl (Brünnhilde)
Ilse Hollweg (Waldvogel), Maria von Ilosvay (Erda)
Wolfgang Windgassen (Siegfried)
Paul Kuen (Mime)
Hans Hotter (Wanderer)
Gustav Neidlinger (Alberich)
Josef Greindl (Fafner)

Orchester der Bayreuther Festspiele
Leitung: Joseph Keilberth

Label: Edition hänssler Profil

Sendung: "Piazza" am 20. Juli 2024 um 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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