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Giuseppe di Stefano zum 100. Geburtstag – die schönsten Aufnahmen Verführer, Weltstar, Glücksspieler

"Leider war er mit seiner Stimme so verschwenderisch, wie er generös mit seiner Geldbörse umging. Seine Karriere hätte viel länger dauern können", sagte Giuletta Simionato einmal über ihren Kollegen und Landsmann Giuseppe di Stefano. Und dies trifft das Leben des Tenors ziemlich genau, der am 24. Juli 1921 bei Catania geboren wurde und am 3. März 2008 in der lombardischen Provinz Lecco starb. BR-KLASSIK hat einige seiner Sternstunden in Bild und Ton zusammengestellt.

Giuseppe di Stefano | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Glück im Unglück

Seine reguläre Gesangsausbildung in Mailand musste Giuseppe die Stefano wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs unterbrechen. Doch schon als Soldat fiel sein außergewöhnliches Talent auf, er flüchtete vor den deutschen Truppen, setzte sich in die Schweiz ab und machte für Radio Lausanne 1944 seine ersten Aufnahmen mit Liedern und Arien: gerade 23 Jahre alt und bereits gesegnet mit dem typischen himmlischen Tenor-Schmelz. "Pourquoi me reveiller" aus Jules Massenets "Werther".

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Giuseppe di Stefano. Pourquoi me reveiller. Werther. J. Massenet. 1944. Laussane. | Bildquelle: José Antonio Navarro (via YouTube)

Giuseppe di Stefano. Pourquoi me reveiller. Werther. J. Massenet. 1944. Laussane.

Schönheit für ein ganzes Leben

Manchmal ist es ein einziger Ton, der im Gedächtnis haften bleibt. So zumindest erging es Rudolf Bing, dem Manager der New Yorker "Met", als er Giuseppe di Stefano mit Charles Gounods "Faust" erlebte: "Es war ein wirkliches Erlebnis meines Beobachter-Jahres, als ich das Diminuendo seines hohen C bei 'Salut demeure' hörte. Solange ich lebe, werde ich die Schönheit dieses Tones nicht vergessen." 1948 gab der Tenor sein Debüt an der "Met" und blieb ihr zwanzig Jahre treu.

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Giuseppe Di Stefano's Spectacular Diminuendo on a C5 | Bildquelle: Lohengrin O (via YouTube)

Giuseppe Di Stefano's Spectacular Diminuendo on a C5

Sängerdebüt

Am 20. April 1946 debütierte Giuseppe di Stefano am Teatro Municipale von Reggio Emilia als Des Grieux in Jules Massenets "Manon". Eine Glanzrolle, die er auch 1963 noch verkörperte, mit großer Inbrunst und Ergriffenheit, aber leider gestemmten Spitzentönen und einigen Unsauberkeiten. Hier "Ah fuyez, douce image".

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Giuseppe di Stefano sings "Ah fuyez, douce image" from Manon | Bildquelle: baritonoguapo (via YouTube)

Giuseppe di Stefano sings "Ah fuyez, douce image" from Manon

Stimme des Herzens, ergreifende Darstellungskunst

Seine Paraderolle war der Mario Cavaradossi in Puccinis "Tosca". Das Publikum war so begeistert von seiner berührenden Verkörperung des todgeweihten Malers, der morgens auf der Engelsburg seiner Exekution entgegensieht, dass er seine Schlussarie "E lucevan le stelle" – "Und es blitzten die Sterne" nach frenetischem Applaus nochmals singen musste – mit jenen emphatischen langen Haltetönen und herzerweichenden Pianissimi, die sein Publikum so liebte.

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Giuseppe Di Stefano is forced to repeat (Bis) an Impossible Performance | Bildquelle: Lohengrin O (via YouTube)

Giuseppe Di Stefano is forced to repeat (Bis) an Impossible Performance

Singen aus der Seele – ein Dreamteam mit der Callas

"Es war mein Schicksal, mit der Callas zu singen", hat der Sizilianer einmal seine Begegnung mit der Griechin beschrieben. "Unser Singen kam aus der Seele, eine Eigenart von Sängern aus dem Mittelmeerraum." Der Tenor und die Sopranistin waren ein Traum-Duo, das für ausverkaufte Häuser und Massenhysterie sorgte. Etwa in Gaetano Donizettis dramma tragico "Lucia di Lammermoor" als kraftvoller Edgardo, 1955 live in Berlin unter Herbert von Karajan. Mit dabei ist auch der Bariton Rolando Panerai als Enrico.

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Maria Callas and Giuseppe di Stefano create mass Hysteria (end D6) | Bildquelle: Lohengrin O (via YouTube)

Maria Callas and Giuseppe di Stefano create mass Hysteria (end D6)

Alter Glanz

Seit 1951 war Giuseppe di Stefano immer wieder der erklärte Lieblings-Partner der Callas gewesen. Dass er sie noch 1973 zu einer Konzert-Tournee überreden konnte, als sein Stern am Opernhimmel längst gesunken, die Stimme verschlissen und die Höhe "rauh wie Bimsstein" war, wurde ihm indes als Versuch angekreidet, den Mythos der Diva für eigene finanzielle Interessen zu nutzen. Der Glanz des einst starken Duos ist in diesem Live-Auftritt in London 1973 mit Mascagnis Arie "Tu qui santuzza" aus "Cavalleria rusticana" zumindest erahnbar.

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Giuseppe di Stefano.Maria Calla."Tu qui santuzza" In Cavalleria Rusticana by Mascani | Bildquelle: yeongiwon1 (via YouTube)

Giuseppe di Stefano.Maria Calla."Tu qui santuzza" In Cavalleria Rusticana by Mascani

Der große Charmeur

Und während derselben Konzerttournee zeigte sich, mit welcher Intensität di Stefano sein Publikum noch immer zu umgarnen verstand. 52 Jahre alt ist er bei diesem Auftritt in London 1973. Die Stimme hat zwar deutlich von ihrer einstigen Strahlkraft eingebüßt und wirkt überspannt, doch mit Lalos "Le Roi d’Ys" scheint er jeden einzelnen Menschen im Publikum zu erreichen. Nicht umsonst punktete er als ganz junger Sänger einmal mit seiner Sinnlichkeit und galt als der verführerischste Tenor seit Beniamino Gigli.

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Giuseppe Di Stefano - Vainement, ma bien-aimée | Bildquelle: oarivas (via YouTube)

Giuseppe Di Stefano - Vainement, ma bien-aimée

Verblassender Ruhm

Im Operettenfach suchte der Startenor immer wieder ein Comeback, nachdem schon Mitte der 1950er-Jahre erste Stimmprobleme auftraten und sein Vertrag an der Mailänder Scala zum Saisonende 1961 nicht mehr verlängert worden war. Zum stimmlichen Abstieg gesellte sich der Besuch von Spielcasinos. Für Abwechslung sorgte da immerhin der Ausflug in Franz Lehárs "Land des Lächelns", etwa 1960 in Wien.

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Dein ist mein ganzes Herz - 1960 Vienna Giuseppe di Stefano | Bildquelle: Carlos (via YouTube)

Dein ist mein ganzes Herz - 1960 Vienna Giuseppe di Stefano

Sizilianische Wurzeln

Bis zum Ende seiner Karriere blieb der Tenor seiner Heimat Sizilien verbunden und ehrte sie mit Volksweisen, die er solistisch oder im Duett mit einem ganzen Sinfonieorchester oder nur mit Klavierbegleitung zum Besten gab. Etwa "Core n’grato", 1974 in Japan. Während dieser Konzerttournee erkrankte di Stefano mehrmals. Doch noch mit weit über siebzig Jahren trat der Sänger immer wieder auf, 1985 gründete er in Stanford den "Giuseppe-di-Stefano-Wettbewerb" für junge Tenöre.

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Giuseppe Di Stefano - Core 'Ngrato -  1974 - Japan | Bildquelle: Anttony Dantas (via YouTube)

Giuseppe Di Stefano - Core 'Ngrato - 1974 - Japan

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