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Zum 100. Geburtstag des Tenors Mario Lanza Zwischen Oper und Hollywood

Er war ein Superstar der 50er-Jahre, eine Ikone des Hollywood-Kinos, für ein Millionenpublikum der Inbegriff des strahlenden Tenors. Mario Lanza war der Mann, der auf der Kinoleinwand Caruso verkörperte, eine Rolle, die für ihn sowohl Segen als auch Fluch war. Am 31. Januar wäre er 100 Jahre alt geworden.

Bildquelle: picture alliance / Everett Collection

Das Porträt zum Anhören

Im Jahr 1951 kommt ein Film in die Lichtspieltheater, der ganz Amerika zu einem Volk von Opernliebhabern macht. Von Wyoming bis Florida verfolgt ein ergriffenes Kino-Publikum die Lebensgeschichte des Tenors aller Tenöre. Einfache Farmer und Sekretärinnen erliegen dem Zauber einer Verdi- oder Puccini-Arie und begreifen, was es bedeutet, wenn der liebe Gott einem Menschen eine charismatische Stimme geschenkt hat. "The Great Caruso" ist der Titel des Films, der an der Kinokasse so viel einspielt wie kein anderer dieser Saison. Der Erfolgsstreifen ist ein Spielfilm, der auf seltsame Weise biographische Realität mit melodramatischer Fiktion vermischte. Dies auch in Person des Caruso-Darstellers Mario Lanza.

Der amerikanische Caruso?

Denn Lanza ist ein Opernstar von Hollywoods Gnaden. Auf der Leinwand kann und darf er mit seinem Gesang brillieren, im Rampenlicht eines bedeutenden Opernhauses hat er sich jedoch bisher noch nicht bewährt. Die Werbeprosa der Filmindustrie bezeichnet Lanza als "amerikanischen Caruso". Und so bewundert ihn das Publikum als Reinkarnation des Jahrhundertsängers. Etliche Fachleute sehen Lanza dagegen kritisch: Kann jemand, der ein Geschöpf der kalifornischen Traumfabrik ist, ein ernstzunehmender Enkel Carusos sein?   

Mario Lanza singt "Granada"

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Mario Lanza Granada | Bildquelle: Vincent Di Placido (via YouTube)

Mario Lanza Granada

Stipendium in Tanglewood

Mario Lanza kommt am 31. Januar 1921 in Philadelphia zur Welt. Alfredo Cocozza, wie er eigentlich heißt, ist der Sohn italienischer Einwanderer. Die Mutter ist ehrgeizig und musikbesessen, der Vater frönt dagegen Dolce-far-niente-Müßiggang. Alfredo ist noch ein Teenager, als er mit seinem Gesangstalent auffällt. Er erhält sogar ein Stipendium für die Kaderschmiede Tanglewood. "So eine Stimme wie deine hört man nur einmal alle hundert Jahre", soll der große Dirigent Serge Koussewitzky dort zu ihm gesagt haben. Doch dann durchkreuzt der japanische Angriff auf Pearl Harbour die Karriere-Pläne des Youngsters. Alfredo wird zum Militär eingezogen.

Mitglied des "Belcanto-Trio"

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist Mario Lanza, wie er sich jetzt nennt, auf der Suche nach beruflichen Perspektiven. Er möchte Sänger werden und hat sogar den Vertrag mit einer Plattenfirma in der Tasche. Dennoch zögert er, denn eine abgeschlossene Gesangsausbildung ist ihm kriegsbedingt verwehrt geblieben. Lanza findet Förderer, die ihn auf die Spur Richtung Erfolg setzen. Da ist zunächst der legendäre Gesangspädagoge Enrico Rosatti, der ihn 15 Monate lang drillt. Anschließend wird Lanza Mitglied eines Ensembles namens "Belcanto-Trio", mit dem er durchs Land tingelt. Einer der Belcanto-Drei ist der Bassbariton George London, der später als "Fliegender Holländer" auf der Bayreuther Festspielbühne stehen wird.

Lanzas Filme werden zu Kassenschlagern

Mario Lanza und Johanna von Koczian in dem Film "For the First Time (1959) | Bildquelle: picture alliance / Everett Collection Mario Lanza und Johanna von Koczian in dem Film "For the First Time" (1959) | Bildquelle: picture alliance / Everett Collection Mario Lanza geht einen völlig anderen Karriereweg. Der entscheidende Moment dieses Wegs ist ein Auftritt in der Hollywood Bowl von Los Angeles im Jahr 1947. Im Auditorium sitzt Film-Mogul Louis B. Mayer. Der allmächtige Studio-Boss ist zunächst skeptisch: Okay, die Stimme des 26-Jährigen mag ja beeindruckend sein, aber für einen romantischen Kino-Helden ist der Kerl viel zu dick. Lanza speckt 25 Kilo ab und dreht seinen ersten Film. Sein Film-Erstling "Ein Kuss nach Mitternacht" feiert 1949 Premiere. Es ist eine rührselige Vom-Lastenwagenfahrer-zum-Opernstar-Geschichte, der "amerikanische Traum" garniert mit unschuldiger Liebe, Belcanto-Schmelz und Happy End. Sechs weitere Filme folgen, ihre Handlung ist trivial, in allen wird gesungen – das Repertoire reicht von "O sole mio" bis zu "Madame Butterfly". Und alle werden zu Kassenschlagern. Neben der Arbeit am Filmset geht Mario Lanza ins Tonstudio. Seine Alben verkaufen sich millionenfach.

Die Erfolgsstory endet tragisch

Anfang der 50er-Jahre ist Lanza einer der populärsten Stars der USA. Aber was ist er wirklich? Ein schauspielender Opernsänger oder ein Opernsänger, der sich als Schauspieler versucht? Mario Lanzas Erfolgsstory endet tragisch. Hollywood habe ihn verdorben, wird sich eine Filmpartnerin, die Sopranistin Dorothy Kirsten, später erinnern. Lanza kommt mit seiner Rolle als "amerikanischer Caruso" nicht zurecht, er wird launisch, beginnt exzessiv zu trinken und neigt zum Tablettenmissbrauch. Dass Operninsider seine gesanglichen Qualitäten bezweifeln – inwieweit ist Lanza das Produkt von Studiotechnik? – verschlimmert die Situation.

Canios Arie "Vesti la Giubba" aus dem Film "For the First Time"

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Mario Lanza Vesti La Giubba 1958   Widescreen | Bildquelle: Vincent Di Placido (via YouTube)

Mario Lanza Vesti La Giubba 1958 Widescreen

Tod in Rom

Mario Lanza zieht sich nach Europa zurück. In Italien arbeitet er an einem Comeback – als echter Opernsänger in echten Opernhäusern. Soweit wird es nicht kommen. Im September 1959 wird Lanza in ein römisches Krankenhaus eingeliefert. Dort stirbt er am 7. Oktober im Alter von 38 Jahren an einer Lungenembolie.

Man muss Mario-Lanza-Filme nicht unbedingt mögen, dennoch ist ihr Verdienst in einer Hinsicht unbestritten: Vielen Menschen haben sie die Türe zu einer ihnen unbekannten musikalischen Welt geöffnet. Zum Beispiel dem Tenor Plácido Domingo: "Ich verdanke meine Liebe zur Oper einem jungen Kerl aus Philadelphia."

Sendungen: 
"Piazza" am 30. Januar 2021 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK
"Cantabile" am 30. Januar 2021 um 13:05 Uhr auf BR-KLASSIK
"Mittagsmusik" von 1. bis 5. Februar 2021 ab 12:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Lanza in der Mittagsmusik

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