Marschübungsgeräte, Riesenpendel und sogar ein Hypnose-Metronom zeigt das Museum für Musik in Basel in seiner Ausstellung "Auf Takt! Metronome & Musikalische Zeit". Und der Gerichtsstreit zwischen stolzen Erfindern der Dauerticker und Pulsgeber gehört ebenso zur Schau wie ihre Bedeutung für die Musikgeschichte.
Bildquelle: © Basel Historical Museum
Ob in klassischer Pyramidenform oder als moderner elektronischer Kasten: Alle in Basel gezeigten Metronome stammen aus der Musikinstrumentensammlung des Londoners Tony Bingham. Und natürlich bildet die Ausstellung auch die Geschichte dieses Hilfsmittels mit den vielen Namen ab - über 175 Pulsgeber, Taktrichter und Dauerticker sind jetzt in Basel versammelt.
"Army Preceptor", Thomas Piggot, London 1840 | Bildquelle: © Tony Bingham Überdimensional groß ist das 1840 fürs britische Militär gebaute Objekt "Army Preceptor" in der Ausstellung "Auf Takt! Metronome & Musikalische Zeit": "Es hat nur drei Geschwindigkeitsstufen, nämlich slow, quick und double-quick. Fürs Militär war es äußerst wichtig, die Marschgeschwindigkeit von Truppen definieren zu können, um zu wissen, wie schnell bekomme ich sie von A nach B", erklärt Martin Kirnbauer, Leiter des Museums für Musik. Und er kann noch weitere - für Musiker durchaus ziemlich abwegige Spezialmetronome -, in der Ausstellung präsentieren. Etwa ein Hypnose-Metronom mit Blinklicht, zu dessen Blitzen und Klicken man monotone Formeln sprechen und das Gerät nach und nach langsamer einstellen konnte.
Die Natur war der erste Bezugspunkt für die Geschwindigkeit von Musik - ein "normales Tempo" war zum Beispiel das gleichmäßige Gehen. Oder auch der ruhige Puls von einem gesunden, erwachsenen Mann. Im 17. Jahrhundert erkannte man physikalische Gesetzmäßigkeiten. Komponisten und Musiker bedienten sich eines Pendels, um sich über das Tempo von Musikstücken zu verständigen:
Man hat eine Schnur genommen und sie einfach an der Decke befestigt.
Es wurde eine Schnur an der Decke oder möglichst weit oben an der Wand befestigt und Maße an der Wand angebracht. "So und so viel Zoll lang ist das Tempo für das und das Stück", gibt Martin Kirnbauer die ungenauen Angaben der Anfangszeit wieder. Die Handhabung der Pendel gestaltete sich besonders schwierig, weil die Längenmaße noch nicht vereinheitlicht waren.
1/13
Metronom von Johann Nepomuk Mälzel von 1815, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
2/13
Balance Regulator, ca. 1812, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
3/13
Metronom Mälzel, gebaut zwischen 1816 und 1820, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
4/13
"Army Preceptor", Thomas Piggot, London 1840, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Tony Bingham
5/13
Metronome Interruptor à Gaiffe, Paris 1900, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
6/13
"Norma Virium"-Metronom von ca. 1850 mit einstellbaren Glockenschlägen von Thomas Simpson aus London, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
7/13
Chronometrophon, Uhr mit Metronom, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
8/13
"Metronoma": Metronom zur Hypnose, Fa. Crystalab, Hartford, CT um 1960, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Tony Bingham
9/13
Metrotone, Großbritannien 1970, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
10/13
Time Metronome, USA ca. 1970, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
11/13
Electronome, Bradford Consultants Limited, Großbritannien ca. 1970, Sammlung Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
12/13
Klingendes Pendel "Al Pen Del" von Lukas Rohner, Basel 2017 | Bildquelle: © Basel Historical Museum
13/13
Blick in die Ausstellung im Museum für Musik mit der Metronom-Sammlung von Tony Bingham, London | Bildquelle: © Basel Historical Museum
Anfang des 19. Jahrhunderts hatte dann der in Amsterdam lebende deutsche Uhrmacher Dietrich Nikolaus Winkel eine bahnbrechende Idee. Er verkürzte die unhandliche Pendellänge und konstruierte ein Stabpendel: Die Aufhängung wurde ins untere Viertel der Länge verlagert und mit Gewichten und Gegengewichten gearbeitet. Winkel nannte seine Idee "Chronometer", und diese Idee wurde von Johann Nepomuk Mälzel, einem in Regensburg geborenen Instrumentenbauer aufgegriffen und perfektioniert.
Mälzel hat erkannt: Das was universell ist, ist die Zeit.
Mälzels wichtiger Beitrag zur Erfindung war, dass er die Minute als Bezugsgröße nahm. Daran hatte Winkel gar nicht gedacht. "Er hat einfach nur irgendein technisches Gerät entwickelt, was irgendeine Form der musikalischen Zeitmessung möglich machte", erklärt Martin Kirnbauer. Mälzel hätte erkannt: "Das was universell ist, ist die Zeit." Mälzel erweiterte das Chronometer um eine Skala, ergänzte es um einen Federaufzug und ließ es als "Metronom" patentieren. Das sorgte für Streit mit Winkel, aber das Metronom setzte sich dennoch durch. Dank der Skala konnte sich die Musikwelt nun auf deutlich präzisere Angaben verständigen als nur auf Adagio, Allegro oder Presto.
In Basel werden Metronome in klassischer Pyramidenform gezeigt, andere im Taschenuhrformat, einfache und verzierte, mechanische und elektronische. Das Metronom ist überhaupt ein Fall fürs Museum. In Zeiten, in denen sich sogar Profimusiker von Handy-Apps den Takt vorgeben lasen, findet man selbst in Musikschulen Metronome immer seltener.
Museum für Musik im Historischen Museum Basel
20. Januar bis 20. August 2017
Mit über 175 Metronomen aus der Sammlung von Tony Bingham. Weitere Informationen finden Sie auf den Online-Seiten des Museums für Musik in Basel.