Was hat Wagners "Tristan und Isolde" mit Fußball zu tun? Eine ganze Menge. Mittelstürmer, Flügelflitzerin, Zirkelzauber und Blutgrätsche: Wagners "Handlung", wie er sein Stück selbst untertitelt hat, ist wie geschaffen für eine Rasen-Reportage, die nicht nur den Ersten Aufzug analysiert, sondern auch auf Einwechselspieler und Schräg-Grätscher im Zweiten Aufzug vorausblickt. Ein Pausenfeature, abgesegnet durch die historische Schiedsrichter-Anweisung: "Unbewusst - Höchste Lust".
Bildquelle: BR | Alex Naumann
Bayreuther Festspiele
"Die Welt als Pille und Torprellung" zum Anhören
Der Beifall nach dem Ersten Aufzug zu "Tristan und isolde" ist gerade vorbei, es herrscht reges Treiben im Publikum, das sich von den Sitzen erhebt und gen Pause strömt.
Moderatorin: Herzlich willkommen meine Damen und Herren, live aus dem Festspiel-Stadion auf dem Grünen Hügel zu Bayreuth, wie gewohnt – wie soll es auch anders sein bei diesem Klassiker – ausverkauft bis in die hintersten Ränge, selbst der letzte Partiturenplatz ohne Sicht aufs Spielfeld quasi doppelt belegt mit Fans der feinen Tristanakkord-Zwischentöne…
Moderator: Ja liebe Freunde des mystischen Halbzeit-Abgrunds, Freundinnen der gepflegten Liebestodverlängerung, eine irre Stimmung hier oben im berüchtigten Wagner-Kessel zur ersten Pause im Match Tristan gegen Isolde – ein Spiel, das doch sehr zerfahren begonnen, sich dann aber nach und nach gesteigert hat…
Moderatorin: Hartnäckige, grob verblockte Abwehr am Anfang, wenig Eigeninitiative auf beiden Seiten.
Moderator: Dezentes Abtasten am Mittelfeldkreis, halbherzige Weit- und Weichschüsse, in jedem Fall aber klar spürbare Abneigung und dezentes Pressing, über weite Strecken ein doch eher maues Unentschieden.
Moderatorin: Dann aber kühnes Vorpreschen der Isolden-Flügelspielerin Brangäne, lange belächelt vom Tristan-Team, eine Technikerin mit psychologischem Feingespür, wie mir scheint. Waghalsig hat sie die Anweisung ihrer Kapitänin ignoriert und damit den entscheidenden Stich gesetzt, der Wirkung zeigt… fantastische Zirkel-Aktion da rund um die 60. Minute…
Moderator: Unbestreitbar, aber ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das nicht auch ein fatal-meisterlicher Irrtum war… also es schien mir fast so, als wäre Brangäne da gestolpert und hätte den Ball der Handlung nur zufällig so getroffen, dass er eben diese Kurve bekommen hat… aber auch die Zeitlupe bringt wenig Erhellendes...
"Die Welt als Pille und Torprellung" - Oder: "Tristan und Isolde" mal anders. Ein Fußball-Dramolett von Johann Jahn. Hier geht's zum Anhören
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