Christiane Karg tritt beim Mozartfest Würzburg zusammen mit der Harfenistin Anneleen Lenaerts auf. Das Saiteninstrument war für die Sopranistin erst einmal ganz schön ungewohnt. Im Interview erzählt sie wie sich die beiden Musikerinnen eingeschwungen haben und was das Liedrepertoire von Richard Strauss mit Mozart zu tun hat.
Bildquelle: Gisela Schenker
BR-KLASSIK: Frau Karg, Richard Strauss' Liedschaffen war für Sie ziemlich überraschend. Wieso? Was hat sie da genau überrascht?
Christiane Karg: Man würde von dem Opernkomponisten Richard Strauss, den man kennt, nicht unbedingt so unglaubliche Liedkompositionen erwarten. Aber er hat eine unglaubliche Fülle an Liedern geschrieben.
BR-KLASSIK: In Würzburg singen Sie nun Strauss' "Vier letzte Lieder". Was ist stimmlich und emotional schwierig an seinen Liedern?
Christiane Karg: Also Strauss-Lieder sind im Allgemeinen eine große Herausforderung. Wie er die Stimme, vor allem die Frauenstimme behandelt, ist wahnsinnig filigran und muss technisch wirklich fein geführt werden. Deswegen sind Parallelen zu Mozart auch wirklich da. Mozart braucht diesen Purismus der Stimme: Man ist wirklich nackt. Und ich finde, dass das bei Strauss sehr ähnlich ist. Und die großen Strauss-Interpretinnen waren eigentlich auch alle Mozart-Sängerinnen.
Am Samstag, 10. Juni 2023, treten Christiane Karg (Sopran) und Anneleen Lenaerts (Harfe) beim Mozartfest Würzburg auf. Auf dem Programm stehen: R. Strauss "Vier letzte Lieder", sowie ausgewählte Lieder und Werke für Harfe solo von Strauss, Debussy, Respighi und Mozart. BR-KLASSIK überträgt das Konzert am 1. August ab 21 Uhr in der Festspielzeit.
BR-KLASSIK: Lied oder Oper – ist das für Sie in der Herangehensweise ein Gegensatz?
Christiane Karg: Bei Strauss' "Morgen" habe ich für mich zum Beispiel festgestellt, dass das gar kein Lied ist, das gesungen werden muss. Es hat einfach eine unglaubliche Klavieratmosphäre in der Begleitung. Und die Singstimme spricht eigentlich diesen Text mehr als dass sie singt. Also es ist mehr eine Deklamation, ein Rezitieren dieses wunderbaren Textes. Da habe ich verstanden: Ich darf das nicht als großes Lied sehen, ich muss das mehr als gesprochenes Wort sehen. Und das war der Schlüssel für mich. Auch für die Opern von Strauss. Denn da gibt es auch immer wieder Textpassagen, die einfach sehr gut gesprochen werden müssen.
BR-KLASSIK: Dann ist also der Graben zwischen Oper und Lied bei Richard Strauss gar nicht so groß?
Christiane Karg: Ist er nicht. Das merke ich auch immer, wenn ich eine neue Partie angehe. Bei Strauss haben wir eine Vielzahl an Liedern, da kann ich mir dann so ein kleines Fünf-Minuten-Stück raussuchen und da ins Details gehen. Und dann weiter in die große Oper wo eine Szene 25 Minuten dauert. Und aus dem kleinen Lied kann ich schon etwas lernen – und das mitnehmen in die Oper.
BR-KLASSIK: Ihr Konzert beim Mozartfest Würzburg ist jetzt noch einmal besonders, da Sie ja nun mit Harfenbegleitung singen. Sie treten zusammen mit Anneleen Lenaerts auf, Soloharfenistin bei den Wiener Philharmonikern. Wie ist das mit der Harfe zu singen? Fühlt sich das anders an als mit dem Klavier? Worauf müssen Sie achten?
Christiane Karg: Das fühlt sich ganz anders an. Wir wurden über einen Freund zusammengebracht. Aber zuvor hatte ich noch nie etwas mit Harfe gemacht. Ich habe das dann einstudiert und wir haben uns getroffen. Und da habe ich gemerkt: Es kommt wirklich wenig von diesem Instrument. Man muss sich wirklich unglaublich auf diesen feinen Ton einlassen.
Am Anfang habe ich mich mit der Harfe sehr, sehr nackt gefühlt, aber wir haben uns dann eingeschwungen.
Die Harfenistin Anneleen Lenaerts. | Bildquelle: Andrej Grilc Und sich auch in der richtigen Position aufstellen, so dass man so viel wie möglich von diesem Saitenklang mitbekommt, der sich eigentlich im Raum erst so richtig entfaltet. Aber ich stehe ja genau daneben, deshalb ist das auch ein anderes Empfinden für mich. Am Anfang habe ich mich sehr, sehr nackt gefühlt, aber wir haben uns dann eingeschwungen. Und oft haben wir ja auch ein Podest, weil das den Harfenklang noch unterstützt. Und dann spüre ich wirklich so eine Vibration und wie das einen mitschwingen lässt. Und wir sind super miteinander klargekommen. Das wird sicher nicht unsere letzte Zusammenarbeit.
BR-KLASSIK: Sie sind selbst gebürtige Fränkin, kommen aus Feuchtwangen. Was ist das für eine Atmosphäre dort beim Mozartfest Würzburg?
Christiane Karg: Wenn man in dieser Residenz sein darf, sich da aufhalten darf und dann in diesem unglaublichen Saal musizieren darf, das ist einfach fantastisch. Das letzte Mal dort hatte ich einen riesigen Bauch, das war das letzte Konzert bevor ich mein zweites Kind bekommen habe. Jetzt komme ich wieder.
Sendung: "Leporello" am 6. Juni ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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