Noch heute zeugen in Würzburg diverse Baudenkmäler von einer glanzvollen Vergangenheit — etwa die Festung Marienberg und die Residenz, weiland Sitz prachtliebender Fürstbischöfe. Doch wie stand es hier in der Vergangenheit mit der Musik?
Bildquelle: Klaus Gößmann-Schmitt, Hammelburg, 19.01.2022
Wenn sich über die uns überlieferte Musikgeschichte Würzburgs der letzten knapp anderthalb Jahrtausende eine klare Aussage tätigen lässt, dann ist es die: Sie stieg und fiel mit der Kirche. Seit dem 8. Jahrhundert nämlich ist Würzburg Bischofssitz, ab etwa 800 wissen wir von einer Domschule, und bis ins 17. Jahrhundert hinein scheint der gregorianische Gesang hier auf hohem Niveau erklungen zu sein. Dass der jeweilige Bischof seit 1162 gleichzeitig den Titel eines Herzogs von Franken trug, dürfte das Niveau gehoben haben — denn Hofmusik bedeutete da eben vor allem Kirchenmusik. Eine weltliche Ausnahme war möglicherweise der Minnesänger Walther von der Vogelweide, der hier seine letzten Lebensjahre verbracht haben soll.
Um 1480 herum wurden in Würzburg gar die ersten Sammlungen von Chormusik in Deutschland gedruckt, doch die Einführung der Mehrstimmigkeit im Kathedralgesang wird erst Fürstbischof Julius Echter zugeschrieben, der sein Amt 1573 antrat. Er hatte unter anderem in Flandern und Frankreich studiert und dort die franko-flämische Vokalpolyphonie schätzen gelernt. Orlando di Lasso widmete ihm 1582 seine Lectiones sacrae novum. Aus Echters Regierungszeit sind auch erste Werke einheimischer Komponisten erhalten, etwa von Heinrich Pfendner oder Philipp Friedrich Buchner.
Die eigentliche Blütezeit der Musik in Würzburg begann jedoch erst unter den diversen Fürstbischöfen aus der Familie der Schönborns. Insbesondere im 18. Jahrhundert, unter Johann Philipp Franz und Friedrich Carl von Schönborn wuchs die Hofkapelle auf über 20 Mitglieder, spielte zunehmend auch weltliche Musik, und ab etwa 1770 wurden am Sitz des Fürstbischofs gar italienische Opern und Ballette aufgeführt! Italienische Musiker wie Giovanni Benedetto Platti, Domenico Steffani oder Fortunato Chelleri wurden engagiert, und übrigens auch eifrig in der Familie Schönborn herumgereicht; so entstanden seinerzeit auch zahlreiche Werke für den Schönborn-Spross Rudolf Franz Erwein, die in einer faszinierenden Sammlung auf dessen Schloss Wiesentheid erhalten blieben.
Die Wende von der höfischen zur bürgerlichen Musikpflege nach der Säkularisation 1802 läutete das Ende dieser Blütezeit ein. Freilich: Ein Collegium Musicum Academicum Wirceburgense war schon 1797 gegründet worden, das schon bald zur ersten öffentliche Musikhochschule Deutschlands wurde. Etwa zur gleichen Zeit gründete man auch ein Theater; 1833 war Richard Wagner hier kurze Zeit angestellt, und vollendete sein Frühwerk "Die Feen".
Doch nie mehr erreichte das Musikleben der Stadt das Niveau der fürstbischöflichen Schönborn-Ära; musiziert wurde und wird hier zwar immer und sehr reichhaltig, aber was nach 1800 kam, konnte nicht mehr an den früheren Glanz anknüpfen. Auch das Würzburger Musikleben also war ein tragisches Opfer der Säkularisation…
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 11. September 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK