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Kritik – "Die stumme Serenade" in Wien Überwältigend unterhaltend!

Saisonfinale im Theater an der Wien - und das mit einem Stück, das bei der Uraufführung komplett durchfiel: Korngolds "Die stumme Serenade". Wie kommt es also, dass die gestrige Premiere so gefeiert wurde? Unser Kritiker weiß mehr.

Die stumme Serenade | Bildquelle: Theater an der Wien

Bildquelle: Theater an der Wien

Wer sich bei der letzten Premiere des Theater an der Wien in dieser Saison einfach gemütlich in den Sessel versenken möchte, der wird enttäuscht. Einerseits weil die Sitzgelegenheiten in der Wiener Kammeroper (dort spielt man gern kleiner besetzte Produktionen) ein bisschen komfortabler sein könnten, andererseits weil man ständig durch Zwischenapplaus und ekstatische Jubelschreie erregt wird, so man nicht selbst Teil dieser Erregung ist. Neuintendant Stefan Herheim ist ein wirklicher Coup gelungen, Erich Wolfgang Korngolds späte Operette "Die stumme Serenade" auf den Spielplan zu setzen, noch dazu in einer derart guten Besetzung und mit einer so tollen Regie!

Zur Handlung der Korngold-Oper

Korngold und seine Mit-Librettisten Raoul Auernheimer, Victor Clement und Bert Reisfeld erzählen spritzig-witzig von Schein und Sein einer überdrehten Gesellschaft im Neapel der 1820er Jahre. Die berühmte Actrice Silvia Lombardi ängstigt sich, weil ein Unbekannter sie im Schlafzimmer küsste und offenbar entführen wollte. Darauf steht die Todesstrafe und in Verdacht gerät ein Modemacher, der tatsächlich vor dem Zimmer Silvias ihr eine im Wortsinne stumme Serenade darbot - 'gesungen' nur mit seiner Seele ...

Silvias Verlobter ist Ministerpräsident, auf ihn wurde ungefähr zur Kuss-Zeit ein - gescheitertes - Attentat verübt. Und jetzt wird es ein bisschen seltsam. Der Attentäter soll nämlich auf Geheiß des Königs begnadigt werden und da gesteht der Modezar gleich beide Verbrechen und hofft auf doppelten Freispruch. Doch der König stirbt, der Ministerpräsident wird neuer Chef, das Volk stürzt ihn und jetzt kürzen wir die Sache doch mal ab: Silvia und der Modezar werden ein glückliches Paar - Silvia hatte die Kuss-Attacke indes eh nur geträumt ...

Schillernde Partitur, schillerndes Ensemble ...

Zu diesem Tohuwabohu erfindet Korngold in seinem letzten Stück (uraufgeführt 1954 in Dortmund) ein Feuerwerk an Klängen, immer wieder leicht angejazzt ist die schillernde Partitur, die von Pointe zu Pointe jagt und stürmt. Was der einst so süffig-schwelgerische Opern-Prachtgemälde schaffende Österreicher im US-Exil nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten schuf, war vor allem Filmmusik von hoher Qualität. Und eben diese Operette. Einmal taucht ganz kurz ein Saxophon auf, Celesta und üppiges Schlagwerk sorgen für Pomp und Rumms, man mag wirklich keine Sekunde missen! Seit der bei der Kritik gefloppten Uraufführung ruhte das Werk in den Archiven, in den letzten Jahren zeichnet sich erfreulicherweise eine kleine Renaissance ab.

Die Wiener Neuproduktion bietet ein fantastisches Ensemble, mit Jasmin Sakr als quirlig verwegener, sopranesker Silvia, Schauspieler Stefano Bernardin als zwielichtigem Präsidenten (der hier auch noch den Attentäter mimt) oder Peter Bording, der sich mit herrlich wandelbarem Bariton durch Korngolds luftig liebevolle Modezar-Kantilenen arbeitet. Ingo Martin Stadtmüller am Pult des bestens gelaunten Wiener Kammerorchesters sorgt für einen perfekten Sommernachtssound, ja, das Stück ist wirklich etwas für lange warme Party-Nächte!

... und auch die Regie überzeugt

Und die Regie? Dirk Schmeding hat sich von Pascal Seibicke eine ideale Bühne bauen lassen, wandelbar, voller zaubrischer Effekte, dazu gibt es Kostüme (ebenfalls von Seibicke), die ebenjene Schrillheit besitzen, die das Stück braucht. Alle Figuren sind wie am Schnürchen geführt und doch hat man bisweilen den Eindruck eines fein improvisierten Spiels. Was will man also mehr? Eine Wiederaufnahme kommende Saison!

Sendung: "Leporello" am 6. Juni ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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