Seit fünf Jahren strahlt die Elbphilharmonie über dem Hamburger Hafen. Das Konzerthaus ist als kulturelles Wahrzeichen der Stadt nicht mehr wegzudenken. Bis zum Corona-Stillstand im März 2020 hat die "Elphi" bereits 2,7 Millionen Konzertbesucher aus aller Welt nach Hamburg gelockt. Das Jubiläum der Elbphilharmonie feiert die Hansestadt nun mit einem neuntägigen Festival.
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Klassikfans aus aller Welt hatten jahrelang auf diesen Moment gewartet - am 11. Januar 2017 erwachte Hamburgs neues Wahrzeichen nach langen Bauverzögerungen endlich zum Leben. Sieben Jahre später als ursprünglich geplant und mit explodierten Baukosten von 789 Millionen Euro (statt der ursprünglich geschätzten 77 Millionen Euro).
Mehr als 2.000 Besucherinnen und Besucher konnten das Eröffnungskonzert der Elbphilharmonie am 11. Jauar 2017 miterleben. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen waren über 2.000 Besucher beim Eröffnungskonzert in der Elbphilharmonie dabei. Kent Nagano, Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper, zeigte sich begeistert vom neuen Hamburger Konzerthaus. Mit der Elbphilharmonie habe die Hansestadt "ein starkes Statement" für die Kultur im 21. Jahrhundert gesetzt. "Wir fühlen, dass dieser Saal eine Seele hat - es ist kein modernes, kaltes Gebäude - es ist lebendig, man fühlt den Spirit hier", freute sich Nagano nach dem Eröffnungskonzert.
Auch zahlreiche Prominente waren geladen, allen voran die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige Bundespräsident Joachim Gauck. Letzterer war überwältigt vom neuen Konzertsaal: "Was für ein Raum, der die Musik so eindrucksvoll in die Mitte rückt. Was für ein wunderbarer Klang, hier in diesem Amphitheater der Tonkunst."
Ein Amphitheater der Tonkunst.
Der Akustiker Yasuhisa Toyota vor der "Weißen Haut" der Elbphilharmonie, die zur filigranen und transparenten Akustik beiträgt. | Bildquelle: © Bertold Fabricius Für den vielgelobten, besonderen Klang ist Yasuhisa Toyota verantwortlich. Er hat für den Großen Saal der Elbphilharmonie eine einzigartige weiße Innenhaut aus gewellten und gefurchten Gipsplatten entworfen. "Das Wichtigste oder das Interessanteste für mich ist die Transparenz!", beschreibt der Akustiker Toyota sein Klangideal. Beide Säle der Elbphilharmonie haben eine sehr durchsichtige Akustik. Jedes akustische Ereignis wird filigran abgebildet, und zwar auf allen Plätzen - auch weit entfernt von der Bühne. Die Geigenvirtuosin Vilde Frang empfindet es als Vorteil, dass die Akustik selbst das allerkleinste Detail einfängt: "Man muss nicht viel Aufwand treiben, um mit seiner Kraft durchzukommen".
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Die "Weiße Haut" besteht aus 10.000 Gipsfaserplatten, die alle individuell nach 3D-Berechnungen gefräst wurden. Entwickelt wurde sie von dem japanischen Akustiker Yasuhisa Toyota. | Bildquelle: Johannes Arlt
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Die Verkleidung für Wände und Decke ist 6000 Quadratmeter groß, die Gipsfaserplatten sollen den Schall im Großen Saal der Elbphilharmonie optimal reflektieren. | Bildquelle: Oliver Heissner
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In der Mitte des Deckengewölbes mit der "Weißen Haut" ist ein Reflektor aufgehängt (hier von unten zu sehen). Er sorgt zusätzlich dafür, dass sich der Klang gleichmäßig im Raum verteilt. Außerdem beherbergt der Reflektor einen Teil der Lichttechnik und ein Register der Orgel. | Bildquelle: Johannes Arlt
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Aus Schallschutzgründen ist der Saal vollständig vom restlichen Gebäude entkoppelt. Die 2100 Zuschauerplätze wiegen 12.500 Tonnen und "hängen" in 50 Metern Höhe auf rund 300 gewaltigen Stahlfedern. | Bildquelle: Johannes Arlt
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Konzipiert ist der Große Saal der Elbphilharmonie nach dem sogenannten "Weinberg"-Prinzip: Genau wie bei einem Weinberg sind die Zuschauerränge auf Terrassen platziert. Jeder Sitz soll so dem Konzertgast einen unverstellten Blick auf die Bühne ermöglichen. | Bildquelle: Herzog & de Meuron
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So sah die Baustelle der Elbphilharmonie noch im März 2015 aus. | Bildquelle: Oliver Heissner
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Die neue Elbphilharmonie nach dem Entwurf der Architekten Herzog & de Meuron. | Bildquelle: Herzog & de Meuron
Doch die transparente Akustik ist auch herausfordernd für die Musikerinnen und Musiker. Der Große Saal der Elbphilharmonie kaschiert nichts, weder optisch noch akustisch. Alles liegt offen, auch die Geräusche des Publikums und etwaige Schwächen der Aufführung. Der Dirigent Simon Rattle vergleicht den Klang mit einem Porträt: "Es ist wie eine von diesen hochauflösenden Fotografien, bei denen man denkt: 'Oh mein Gott, mussten die so nahe an die Haare heran gehen, die mir da aus der Nase wachsen?'"
Man muss nicht viel Aufwand treiben, um mit seiner Kraft durchzukommen.
Topadresse für die Klassikszene: Die Elbphilharmonie zieht Konzertbesucher aus aller Welt nach Hamburg. | Bildquelle: picture alliance/dpa | Georg Wendt Auch die künstlerische Bilanz der Elbphilharmonie ist ein Erfolg. Das Hamburger Konzerthaus gehört heuer zu den Top-Adressen der Klassikszene. Rund 380 Konzerten finden pro Jahr allein im Großen Saal statt. Seitdem die "Elphi" steht, gehen in Hamburg dreimal so viele Menschen ins Konzert wie in der Zeit davor. Die Plaza, die Aussichtsplattform in 37 Metern Höhe, erwartet im März ihren 15. Millionsten Besucher. Die Dichte an Gastspielen internationaler Spitzenorchester beeindruckt ebenfalls: Innerhalb von zwei Wochen im November 2021 gastierten das Concertgebouw Orchester unter Klaus Mäkelä, die Berliner Philharmoniker mit ihrem Chef Kirill Petrenko, das Mahler Chamber Orchestra und das Budapest Festival Orchestra in der Elbphilharmonie. Hamburg sei ein Leuchtturm für die Musik geworden, sagt die Geigerin Anne-Sophie Mutter, die sich ausdrücklich als Fan der Elbphilharmonie bezeichnet. "Ich kann Hamburg nur zu diesem wunderbaren Saal gratulieren."
Ich kann Hamburg nur zu diesem wunderbaren Saal gratulieren.
Neben dem Klassik-Repertoire sind in der Elbphilharmonie auch ganz andere Musikfarben zu hören, etwa beim Festival Salam Syria im März 2017, kuratiert vom Klarinettisten Kinan Azmeh. Die große Bandbreite an Konzertangeboten und die Offenheit für Musikstile sind ein Markenzeichen der Elbphilharmonie. In der Reihe "Reflektor" bekommen Interpretinnen und Interpreten freie Hand, um das Programm zu gestalten und Gäste ihrer Wahl einzuladen. So hat die Sitarvirtuosin Anoushka Shankar die "Reflektor"-Reihe im November 2021 genutzt, um nach Indien zu schauen. Derzeit gäbes es viele Anfragen von Musikstars jenseits der Klassik , die gern einmal in der Elbphilharmonie auftreten würden, erzählt Intendant Christoph Lieben-Seutter im Interview mit der Deutschen Presseagentur. "Das Problem ist meistens der Terminkalender, der auf Jahre ausgebucht ist. Zum Beispiel finden wir gerade keinen Termin für Bob Dylan."
Ein Haus für alle sein - diesem Anspruch ist die Elbphilharmonie in den vergangenen fünf Jahren gerecht geworden. Nicht alle Konzertabende waren absolute Glanzlichter, doch insgesamt ist das künstlerische Niveau sehr hoch. Ein Konzerthaus von internationalem Rang eben. Das hat auch die monatelange Zwangspause während der Corona-Pandemie nicht geändert. Welche positive Strahlkraft die Elbphilharmonie auf die Stadt Hamburg hat, zeigte sich auch bei einer Impfaktion im November 2021: Unzählige Menschen standen in einer mehreren hundert Meter langen Schlange an, um sich in einer der Künstlergarderoben des berühmten Konzerthaus gegen Covid-19 impfen zu lassen.
Alan Gilbert dirigiert das Festkonzert am 11. Januar 2022 zum Jubiläum der Elbphilharmonie. | Bildquelle: © Chris Lee Den fünften Geburtstag der Elbphilharmonie feiert Hamburg mit einem neuntägigen Festival, das vom 9. bis 17. Januar 2022 stattfindet. Unter der Leitung von Chefdirigent Alan Gilbert spielt das NDR Elbphilharmonie Orchester am 11. und 12. Januar ein Festkonzert mit Musik des 21. Jahrhunderts. Auf dem Programm stehen Werke von John Adams, Thomas Adès und Esa-Pekka Salonen. Solist am Klavier ist der russisch-amerikanische Pianist Kirill Gerstein.
Das Festkonzert am 11. Januar wird von NDR Kultur ab 20:00 Uhr live im Radio übertragen und ist anschließend als Videostream verfügbar.
Sendung: "Leporello" am 10. Januar 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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