Als "Schwarzer Mozart" ging Joseph Bologne in die Musikgeschichte ein. Er war der Sohn einer Sklavin und eines Adeligen, ein fantastischer Geiger und Fechtmeister. Und er lebte am französischen Hof. Ihm widmet sich der neue Film "Chevalier", der jetzt auf der Streaming-Plattform Disney Plus zu sehen ist. Leider hat der Film aber die Chance verspielt, den spannenden Stoff überzeugend zu vermitteln.
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Der Film "Chevalier" wirft den Zuschauer gleich in der ersten Szene direkt ins Geschehen: Wolfgang Amadeus Mozart ist gerade in Paris und gibt ein Konzert. Im Publikum sitzt die feine Gesellschaft, die er gut gelaunt fragt, was sie sich denn jetzt für ein Stück wünsche. Aus dem Durcheinander der Rufe setzt sich die Stimme eines jungen Mannes durch: Sein fünftes Violinkonzert wünsche er sich und ob er mitspielen könne? Mozart bleibt der Mund offen stehen, doch er sagt zu und lässt sich auf das musikalische Duell ein. Der junge Mann betritt die Bühne – es ist ein gewisser Joseph Bologne, der das Duell haushoch gewinnt und die überraschte und jubelnde Menge mit seinem Geigenspiel überzeugt.
"Chevalier" ist ein circa hundertminütiger Film über den Schwarzen Geiger und Komponisten Joseph Bologne. 1745 wurde er als Sohn einer Sklavin und eines französischen Plantagenherren in der französischen Kolonie Guadeloupe geboren. Durch seinen Vater kam der junge Joseph nach Paris und gleich hinein in die adeligsten Kreise. Schon als Kind nahm er Fechtunterricht, leitete später als Kommandeur die "Légion des Américains et du Midi" – das einzige Regiment in Europa, das Schwarze Soldaten aufnahm. Zusätzlich hat er auch eine erfolgreiche musikalische Ausbildung erhalten. Bologne hat das Geigespielen und das Komponieren gelernt und später das Orchester "Concerts des Amateurs" geleitet.
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Seine zahlreichen Talente und seinen Sinn für gute Manieren machten ihn zu einem beliebten Mann am französischen Hof, was der Film direkt aufgreift. Joseph Boulogne wird als selbstbewusster Herr inszeniert, der auf den glamourösen Parties den Damen den Kopf verdreht. Dargestellt wird der schillernde Zeitgenosse von Schauspieler Kelvin Harrison Jr. Der könnte allerdings an vielen Stellen ausdrucksstärker spielen, der Figur Bologne mehr Tiefe verleihen. Außerdem wirkt sein Geigenspiel überhaupt nicht natürlich, sondern verkrampft und ungelenk.
Trotz seiner Beliebtheit bekommt Joseph Bologne immer wieder zu spüren, dass er im Pariser Musikleben ein Fremder ist. Sowohl in der Realität als auch im Film. Sein Aufstieg zum Direktor der Académie Royale de musique in Paris wird durch die rassistische Gesinnung einiger Musiker:innen verhindert. Im Film "Chevalier" vermitteln ihm die Adeligen um ihn herum außerdem immer wieder – wenn auch indirekt – dass Frankreich gegen die Fremden in den eigenen Reihen kämpfen müsse.
Bildquelle: Disney. Auf der anderen Seite versucht Joseph Bolognes Mutter, die später in Paris wohnt, ihm den Rücken zu stärken und Selbstbewusst beizubringen, um sich gegen die Anfeindungen zu wehren. Das sind Themen, die auch unsere heutige Gesellschaft beschäftigen. Doch leider bleibt der Film mit seiner Auseinandersetzung darüber im 18. Jahrhundert stecken. Als Zuschauerin fehlt einem der Rückschluss oder die Botschaft für unsere heutige Zeit. Dennoch: Dass es nun bei Disney Plus einen Film über einen Schwarzen Geiger und Komponisten am französischen Hof gibt, der bis vor kurzem selbst in der Klassikwelt nur wenig thematisiert wurde, ist toll.
Sendung: "Allegro" am 16. Juni 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Montag, 19.Juni, 09:26 Uhr
BS
Dann ist der Film wahrscheinlich ähnlich langweilig wie Bolognes Musik…