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Interessante Ergebnisse der Stimmforschung Frauenstimmen werden tiefer

Deutsche Frauen sprechen heute viel tiefer als noch vor 20 Jahren. Zu diesem Ergebnis kamen Stimmforscher beim Leipziger Symposium zur Kinder- und Jugendstimme. Die Ursache dürfte im Wandel von Rollenbildern liegen.

Junge Frau mit Kopfhörer singt | Bildquelle: colourbox.com

Bildquelle: colourbox.com

Männer sprechen im Durchschnitt mit einer Frequenz von 110 Hertz, bei Frauen sind es 168 Hertz. Und das ist neu: Denn früher hielt sich die Frauenstimmen-Frequenz bei rund 220 Hertz auf. Dieses Ergebnis präsentierten Wissenschaftler im Rahmen des Symposiums zur Kinder- und Jugendstimme, das vom 24. bis 26. Februar 2017 in Leipzig stattfand.

Unerwartetes Ergebnis

Dass die gesunde Frauenstimme heute nur noch um etwa eine Quinte höher als die Männerstimme liege - nicht mehr eine ganze Oktave wie noch vor zwei Jahrzehnten -, sei auch für die Wissenschaftler ein überraschendes Ergebnis, erörterte Michael Fuchs, Professor für Phoniatrie und Pädaudiologie an der Universität Leipzig und Leiter des Symposiums.

Die Wissenschaftler präsentierten im Rahmen des Symposiums Ergebnisse einer Stimmfeldmessung von rund 5000 Erwachsenen und Kindern. "Wir konnten weltweit erstmals bei einer so großen Gruppe die Normwerte einer Stimme definieren. Diese Werte sind ein wichtiger Parameter für die klinische Untersuchung von Stimmstörungen und für die medizinische Begleitung der Stimmentwicklung", sagte Michael Fuchs.

Tiefe Stimmen stehen für Stärke

Männerstimmen sollen übrigens in ihrer Lage konstant geblieben sein. Daher kämen biologische Faktoren für die Entwicklung der Frauenstimmen nach unten wohl nicht in Frage, so Fuchs. Auch gäbe es keinen etwaigen höheren Anteil männlicher Hormone bei den modernen Frauen. Auslöser der Entwicklung sei wohl eher, dass das Rollenbild der Frau sich im Laufe der Zeit verändert habe.

Die heutige Frau steht voll im Leben. Sie muss nicht mehr beschützt werden. Deshalb klingt sie auch anders.
Professor Michael Fuchs gegenüber der Berliner Zeitung

Früher habe eine hohe Stimmlage bei Frauen Schutzbedürftigkeit symbolisiert. Heutzutage stehen die Frauen viel stärker und aktiver im Berufsleben und müssen sich dort in einem größtenteils immer noch männlich geprägten Umfeld behaupten. Dabei kommuniziert eine tiefe Stimme Durchsetzungskraft ebenso wie Verlässlichkeit.

Auch Raucher klingen deutlich tiefer

Und übrigens auch der gesellschaftliche Status beeinflusst die Stimme. Die Wissenschaftler fanden heraus, das ein höherer sozioökonomischer Status mit einer größeren Sprechstimmdynamik und einem größeren Sprechstimmumfang einhergeht. Ebenfalls klingt die Stimme von Rauchern deutlich tiefer. Zwischen Nichtrauchern und ehemaligen Rauchern zeigten sich jedoch kaum Unterschiede. Immerhin: Ein Indiz dafür, dass die Stimmveränderung umkehrbar ist, wenn jemand mit dem Rauchen aufhört.

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