Eines war Gundula Janowitz immer: unverwechselbar. Ihr Sopran streifte regelmäßig die Bezirke des Himmlischen. Die Makellosigkeit ihrer künstlerischen Erscheinung war dabei mit einer gewissen Zurückhaltung gekoppelt. Um Repertoiregrenzen kümmerte sie sich nicht und schenkte der Oper und dem Kunstlied ebenso ihre Aufmerksamkeit wie der leichten Muse. Am 2. August wird die Sängerin 85 Jahre alt.
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Demütige Dienerin der Musik
Gundula Janowitz zum 85. Geburtstag
Gundula Janowitz führte ihren silbrig schimmernden Sopran-Diamanten stets instrumental, umging gekonnt die Gefahr etwaiger Tonhöhenschwankungen. Eine ebenmäßige, in der Höhe leuchtkräftige Vokallinie war ihr wichtiger als Textverständlichkeit. Die demütige Dienerin der Musik harmonierte im wahren Leben allerdings nicht mit jedem Kollegen. "Es gibt drei Dinge, die man sich gut aussuchen soll. Erstens: Mit wem man zusammen isst. Zweitens: Mit wem man Musik macht. Und drittens: Mit wem man schläft", postuliert die Sängerin unverblümt. "Da alle drei Dinge mit Intimität zu tun haben, können Sie sich vorstellen: Man muss sich wirklich sehr, sehr gut verstehen."
Der Operngesang ist wahrscheinlich immer eine Effektsache.
Für ihre manchmal unberührt, manchmal unnahbar wirkenden Bühnengestalten verdient Gundula Janowitz den größten Respekt. Mozarts Pamina und Gräfin Almaviva, Donna Anna und Fiordiligi – solche Frauenrollen waren wie geschaffen für diese Sängerin, allein aufgrund ihres Markenzeichens, unterkühlter Makellosigkeit. Bei Richard Strauss kamen später jugendlich-dramatische Partien wie Ariadne oder Arabella hinzu. Auch Wagner-Partien wie Elisabeth oder Eva gelangen der Janowitz kaum weniger als Carl Maria von Webers Agathe, wie dokumentiert in der famosen Dresdner Referenzeinspielung des "Freischütz" durch Carlos Kleiber.
Gundula Janowitz | Bildquelle: picture-alliance/dpa "Der Operngesang ist wahrscheinlich doch immer eine Effektsache", sagt Gundula Janowitz. Das Lied hingegen sei viel verinnerlichter. "Wer mir zuhören will, sei mir besonders in diesem Genre herzlich willkommen." Zu dieser Aussage passt, dass Gundula Janowitz nicht nur im Reich der Oper als große Sängerin gilt. Auch auf dem Konzertpodium, im Oratorien- und Liedrepertoire fand sie dankbare Aufgaben für ihr glasklares Timbre, das bisweilen knabenhaft keusch anmutete, manchem Verehrer schlicht himmlisch erschien. Karriere machte die Sopranistin österreichisch-ungarischer Herkunft, die in Graz studiert hatte, nicht nur an der Deutschen Oper ihrer Geburtsstadt Berlin, sondern relativ schnell auch an der Staatsoper Wien: Dem Haus am Ring blieb sie wie keiner anderen renommierten Adresse der Szene über Jahrzehnte verbunden. Auch bei den Salzburger Festspielen reüssierte sie, während Bayreuth, Glyndebourne und Aix-en-Provence für sie ähnlichen Episodencharakter hatten wie die Met in New York, die Pariser Opéra oder das Londoner Royal Opera House Covent Garden.
Den Rückzug aus dem Rampenlicht startete Gundula Janowitz lange, bevor ihrem Gesang Verschleißerscheinungen nachgesagt werden konnten. Abschied von den Fans zu nehmen, ist nicht für jeden Opernstar ein Problem. Zumal dieser hier im Nachhinein damit haderte, durch die Förderung Herbert von Karajans viel zu schnell ganz nach oben gekommen zu sein – statt Zeit und Ruhe für einen allmählichen Reifeprozess gehabt zu haben: "Wenn ich noch einmal anfangen müsste – und zwar ohne die Hilfe eines großen Dirigenten –, dann würde ich lieber in der Provinz anfangen."
Sendung: "Allegro" am 2. August 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (3)
Samstag, 06.August, 19:43 Uhr
Anna S.
Happy birthday!
In einer Messias-Aufnahme habe ich Frau Janowitz zum ersten Mal gehört. So wunderschön, teilweise wie nicht von dieser Welt. Vielen Dank!
Mittwoch, 03.August, 19:59 Uhr
Christa Strebe
Gundula Janowitz
Auch als Lehrerin in der Meister?lasse in Schwarzenberg war wunderbar. Von solchen Sängerinnen hätte ich gerne noch mehr.
Mittwoch, 03.August, 15:12 Uhr
Robert Kaitan
G. JanowitzEin
Eine Stimme ins Herz!!!