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Händels "Ariodante" in München Bayerische Theaterakademie inszeniert Ritter-Epos

Nahezu komplett aus studentischer Hand stammt die Produktion der Händeloper "Ariodante" an der Bayerischen Theaterakademie August Everding. Was reizt die neue künstlerische Generation gerade an einem 300 Jahre alten Werk über einen Ritter und eine Prinzessin?

Ganz transparent, ja beinahe durchsichtig klingt die Musik von Georg Friedrich Händel. Gerade wenn sie von einem so klein besetzten Ensemble gespielt wird. Die Studierenden der Münchner Musikhochschule gehen die Partitur kurz vor der Orchesterhauptprobe noch einmal durch. Höchst aufmerksam und bewusst spielen sie unter der Leitung von Danyil Ilkiv, konzentriert auf jede Note. Das Bühnenbild spiegelt diese gläserne Offenheit. Es gibt keine Kulissen, keine Vorhänge – nur eine schmale, flatternde Gardine, die das Orchester vom Spielraum der Sänger abtrennt. Holzpaneele definieren den Bühnenraum. Eine Künstlerpuppe, eine Muschel, ein Vogel oder ein Ritterhelm stehen exponiert auf weißen Holzkuben, symbolisieren die Handlung um die Liebe von Ariodante und Ginevra, die zunächst durch eine Intrige verhindert werden soll.

Das Gefühlsleben der Figuren steht im Mittelpunkt

Gerade das Innenleben der Figuren hat Regisseur Rennek-Jan Neggers an dem Projekt gereizt: "Besonders die Emotionen haben mich unglaublich interessiert, weil ich glaube, dass man diese über die Jahrhunderte hin immer noch rüberbringen kann." Darin sieht der gebürtige Niederländer und Master-Student im Studiengang Regie die Kraft der Gattung Oper. Um das in die Gegenwart zu holen, müsse man nur die "Äußerung der Emotion ändern".

Wie kommt eine jahrhundertealte Figur in die Gegenwart?

Die Inszenierung von "Ariodante" ist für Neggers ein lang gehegter Traum. Er erinnert sich noch an seine Zeit als Regieassistent in Amsterdam. Die erste Oper, die er dort gesehen hat, war "Ariodante". Tief beeindruckt hat ihn die schlanke Barockoper. Mit nur fünf Sängerinnen und Sängern besetzt erschien sie ihm nun als machbares Studienprojekt. Denn die Handlung ist für eine Händel-Oper nicht übermäßig komplex. Und statt der Religion steht hier eben die Emotion der Figuren im Vordergrund.

Szene aus Händels "Ariodante" an der Bayerischen Theaterakademie. Manuel Hartinger, Klara Brockhaus | Bildquelle: Alvise Predieri Bildquelle: Alvise Predieri Doch wie bekommt man so eine jahrhundertealte Figur in die Gegenwart? Neggers und die Dramaturgin Elisa von Issendorff haben sich dafür ein so einfaches wie treffendes Konzept überlegt. Die Barockoper sei ja erst einmal von einer starken Formstrenge geprägt, erklärt die Dramaturgin. Gleichzeitig gibt es in den Arien diese große Emotionalität. Und genau darin sieht Elisa von Issendorff ein großes Potenzial: "Wir erzählen also erstmal die Geschichte von Ariodante genau nach. Die ist für ein heutiges Publikum aber erst einmal sehr fremd", erzählt sie. Also entheben sie einzelne Emotionen aus dem Kontext der eigentlichen Handlung. Sechs Arien haben Rennek-Jan Neggers und Elisa von Issendorff ausgewählt. "Kraftarien" haben sie sie genannt, in der Inszenierung werden sie gesondert herausgestellt. Als emotionale Brücke in die Gegenwart.

Da sehen wir nur die Emotion, die nicht mehr an eine Ritterfigur oder an eine Prinzessinnenfigur gebunden ist - und damit kann man sich heute noch verbinden.
Elisa von Issendorff

Tolle Sänger braucht man dafür natürlich auch. Etwa Henrike Legner als Ginevra oder Klara Brockhaus mit belegtem Mezzo als intriganter Polinesso. Allesamt sind das Studierende des Masterstudiengangs Operngesang der Münchner Musikhochschule. So auch der strahlend zerbrechliche und beeindruckende Countertenor Elmar Hauser in der Titelrolle.

Info

Händels "Ariodante" hat am Donnerstag, 21. April 2022, im Akademietheater in München Premiere. Zusätzliche Vorstellungen gibt es am 22. und 23. April. Weitere Informationen auf der Website der Bayerischen Theaterakademie.

Sendung: "Allegro" am 21. April 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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